Kritik an Schwesigs Gesetz: Besser keine Quote als diese
Auch der öffentliche Dienst soll vom neuen Quotengesetz profitieren. Doch Frauenverbände fürchten, dass die Reform nach hinten losgeht.
BERLIN taz | Die Kritik am Quotengesetz von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig reißt nicht ab. Während die Quote für die Privatwirtschaft immerhin als kleiner Fortschritt beurteilt wird, fordern Frauenverbände, die Teile des Gesetzes nicht zu verabschieden, die den öffentlichen Dienst betreffen. Sie würden eine Verschlechterung im Vergleich zum Status quo darstellen, meint etwa der Deutsche Juristinnenbund. Die Opposition sieht eine „Mogelpackung, die zudem noch einige Verschlechterungen enthält“, so etwa Ulle Schauws, grüne Frauenpolitikerin im Bundestag.
Vor Kurzem hatte bereits Ex-Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier bemängelt, dass die Quote im öffentlichen Dienst ihr Ziel nicht erreiche und deshalb verändert werden müsse – was aber im neuen Gesetzentwurf nicht passiert. Papier hatte die Problematik in einem Gutachten ausgeführt. Um die Quote wirksamer zu machen, schlägt er nun vor, sie schon bei „im Wesentlichen gleicher Qualifikation“ anzuwenden, damit es nicht mehr so leicht ist, jemanden für geringfügig besser qualifiziert zu erklären. Die Quote greift im Moment nur bei exakt gleicher Qualifikation.
„Es ist ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, dass sie dieses wertvolle Gutachten aus politischem Kalkül ignoriert“, so Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Linkspartei. „Es wäre dringend zu empfehlen, diesen Vorschlag aufzugreifen“, fordert auch der Juristinnenbund in einer Stellungnahme. Der Juristinnenbund sieht darüber hinaus drei weitere Probleme: Das erste betrifft die Besetzung von Gremien wie Sachverständigenräten oder Kommissionen. Von der Vorgabe, dass alle öffentlich bestückten Gremien eine Frauenquote brauchen, werden alle „wesentlichen“ Gremien ausgenommen.
In diesem Fall soll nur darauf „hingewirkt“ werden, dass die Quoten eines Tages erfüllt werden. Und was ist ein „wesentliches Gremium“? Antwort: eines, das „besondere tatsächliche, wissenschaftliche oder zukunftsrelevante Bedeutung hat“. Das dürfte auf so ziemlich alle Gremien und Kommissionen zutreffen, die von der Politik einberufen werden, sei es der Sachverständigenrat (die „Fünf Weisen“) oder Enquetekommissionen.
Jobs mit zu wenig Macht oder Geld
Problem zwei: Das neue Gleichstellungsgesetz soll Frauen und Männer gleichermaßen betreffen. Auch Männer sollen in Bereichen gefördert werden, in denen sie unterrepräsentiert sind. Das aber hält der Juristinnenbund für unzulässig. Denn der Grund für eine Quotierung ist die strukturelle Diskriminierung eines Geschlechtes. Wenn Männer aber in Frauenjobs unterrepräsentiert sind, dann in der Regel deshalb, weil diese Jobs mit zu wenig Macht oder Geld ausgestattet sind – und nicht weil Männer diskriminiert werden.
Im neuen Gleichstellungsgesetz dagegen heißt es, Männer seien in diesen Bereichen zu fördern, „unabhängig davon, ob dies durch eine strukturelle Benachteiligung verursacht wurde oder nicht“. Da aber Artikel 3 des Grundgesetzes dem Abbau von strukturellen Benachteiligungen dienen solle, sei Männerförderung völlig fehl am Platz, so die Juristinnen. Sogar der Jurist, der den gängigen Kommentar zum Bundesgleichstellungsgesetz geschrieben hat, Torsten von Roetteken, schlägt vor, den Teil für den öffentlichen Dienst zu streichen, da „die Verschlechterungen die wenigen Verbesserungen deutlich überwiegen“.
Auch die GleichstellungsexpertInnen der Gender Mainstreaming Experts International (GMEI) plädieren für „einen generellen Verzicht auf diese Novellierung“. Das jetzige Gesetz beziehe Gender-Mainstreaming nur noch auf die Personalpolitik. „Die fachlichen Aufgaben der Behörden bleiben demgegenüber völlig ausgespart“, schreiben die WissenschaftlerInnen.
Eigentlich sollte das Gleichstellungsgesetz auf der Grundlage eines Gleichstellungsberichts novelliert werden. Der aber liegt noch gar nicht vor. Wie der Juristinnenbund verlangt deshalb auch die Linke, dass der Bericht abgewartet und das Gesetz dann erst novelliert wird.
Das Familienministerium indes zeigt sich unbeeindruckt: „Wir teilen die Einschätzung nicht, dass die bisherige Praxis verfassungswidrig sei. Beförderungsentscheidungen müssen nach Eignung, Leistung und Befähigung erfolgen“, erklärte eine Sprecherin der taz. Zugleich müsse auch die Förderpflicht beachtet werden: „Durch den neuen Gesetzentwurf werden beide Belange noch besser in Einklang gebracht.“
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