Kritik an Fahrradkurierdiensten: „Die Leute wollen ja fahren“
Wegen mieser Arbeitsbedingungen stehen Rad-Essenslieferdienste im Fokus. Darf man noch bestellen? Ein Treffen mit Ridern.
„Das ist trotzdem der beste Job, den ich jemals hatte“, sagt eine Studentin. Ein anderer fügt hinzu: „Es hat was für sich, dass einem nicht ständig der Chef über die Schulter schaut.“ Ein eigenes Fahrrad müssen die Rider mitbringen und regelmäßig warten – auf eigene Kosten und in der Freizeit.
Zwar gibt es eine Verschleißpauschale von 25 Cent pro Stunde für die Kuriere. Die kann in Leipzig aber nirgends eingelöst werden. Einen Teil des Stundenlohns von neun Euro brutto müssen die Rider also in Fahrradteile investieren – und in ein Smartphone, denn der Liefervorgang wird per App abgewickelt. Umso wichtiger ist es für die Fahrer, Trinkgeld zu bekommen.
Keine Selbstverständlichkeit, erzählt einer der Rider: „Manche behandeln einen wie den Paketdienst. Da wird einem das Essen aus der Hand gerissen und die Tür zugeschlagen.“ Nur etwa jeder zweite Kunde gibt Trinkgeld, im Schnitt fünf Prozent des Bestellwerts, schätzen die Rider. Das könnte daran liegen, dass die Kunden glauben, schon mit der Liefergebühr Trinkgeld gezahlt zu haben.
![](https://taz.de/picture/1489057/14/tazze.png)
Im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ der taz erscheint jeden Freitag statt der Neuland-Seite eine eigene Seite für Leipzig, die taz.leipzig: geplant, produziert und geschrieben von jungen Journalist*innen vor Ort.
Sie haben Anregungen, Kritik oder Wünsche an die Zukunftswerkstatt der taz? Schreiben Sie an: neuland@taz.de. Das Team der taz.leipzig erreichen sie unter leipzig@taz.de
Dass sich Kunden aufgrund der Arbeitsbedingungen von den Lieferdiensten abwenden, findet Theresa Ingendaay von der Deliverunion schade. Seit Oktober 2017 ist die junge Fahrradkurier-Gewerkschaft in Leipzig organisiert. „Die Leute wollen ja fahren“, sagt sie. Wenn weniger bestellt wird, entziehe das den Kurieren die Grundlage. Bei schlechter Auftragslage verfällt der Bonus, den erfolgreiche Fahrer erhalten, wenn sie neben weiteren Kriterien mehr als zwei Lieferungen pro Stunde schaffen. Wer als Kunde seine Unterstützung zeigen will, solle also lieber Trinkgeld geben, als Foodora zu boykottieren.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau