Kritik an Banken: Ausstieg aus Wohndarlehen zu teuer
Verbraucherschützer bemängeln, dass Kreditinstitute in vielen Fällen zu viel kassieren. Nun wollen sie Entschädigungszahlungen deckeln.
BERLIN taz | Wer den eigenen Immobilienkredit vorzeitig zurückzahlen möchte – etwa weil er umziehen muss, arbeitslos geworden ist oder den Partner verloren hat –, darf sich auf saftige Sonderzahlungen gefasst machen. Kreditinstitute können dafür eine Entschädigung fordern. Im Schnitt sind das derzeit rund 11 Prozent der noch zu zahlenden Summe. Vor einigen Jahren waren es noch rund 4 Prozent.
So hoch seien die Sonderzahlungen noch nie gewesen, sagte Dorothea Mohn. Sie ist Teamleiterin für Finanzen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der mehr als 3.400 Fälle aus den Jahren 2007 bis 2013 analysiert hat. In vielen Fällen werde eindeutig zu viel kassiert.
Deutsche Privathaushalte hatten 2013 bei den Banken rund 836 Milliarden Euro Schulden für Wohndarlehen. Die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung gibt es, damit den Banken kein Schaden entsteht, wenn die Darlehen früher zurückgezahlt werden: Ein solcher käme zustände, wenn sie das vorzeitig zurückbezahlte Geld wieder anlegen müssen und die Zinsen zu diesem Zeitpunkt niedriger sind als zum ursprünglich geplanten Termin.
Mohn sagte aber auch, dass die Berechnungsmethoden „für die Verbraucher ungünstig“ seien. „Laut unseren Berechnungen sind in 40 Prozent der Fälle die geforderten Beträge um 10 Prozent zu hoch. In 10 Prozent der Fälle sind sie sogar um 50 Prozent zu hoch“, ergänzte Arno Gottschalk, der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen. In Deutschland seien viel höhere Beiträge als in europäischen Vergleichsländern zu zahlen.
Mohn sieht eine Chance darin, dass bis 2015 eine EU-Richtlinie zu Wohnimmobiliendarlehen in deutsches Recht umgesetzt werden muss, die dann 2016 geltendes Recht werden soll. Diese enthalte Möglichkeiten, entsprechende Änderungen einfließen zu lassen, etwa eine standardisierte Berechnungsmethode: „Diese Berechnungen müssen endlich eindeutig, transparent und fair werden“, sagte sie.
Außerdem müssten die Verbraucher vor extremen Ausschlägen der Ausgleichsforderungen geschützt werden. So sollten die Sonderzahlungen auf höchstens 5 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Kredits gedeckelt werden, um „existenzgefährdende Extrembelastungen von Kreditnehmern künftig zu vermeiden“, heißt es in dem Bericht.
Außerdem verlangen die Verbraucherschützer, dass die Banken verpflichtet werden, vor Abschluss eines Vertrags darüber aufzuklären, wie sie die Höhe der Sonderzahlung berechnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Wir unterschätzen den Menschen und seine Möglichkeiten“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten