Krisenfolgen: Arbeitnehmer bezahlen die Krise
Eine Betriebsräte-Umfrage der Bremer Arbeitnehmerkammer belegt die Belebung am Arbeitsmarkt. Die Stimmung in den Betrieben ist trotzdem nicht euphorisch.
Für die Krise bezahlen - die Arbeitnehmer. Das ist keine Überraschung, das war vermutet worden. Aber jetzt liegen Zahlen vor, die diesen Verdacht erhärten: Die Bremer Arbeitnehmerkammer hat, weitgehend analog zu den Konjunkturbefragungen von Handels- und Handwerkskammern, erstmals eine Betriebsrätebefragung durchgeführt. Wie jene lässt auch sie auf eine allmähliche Belebung der Märkte schließen. Und dafür scheinen auch die deutlich verbesserten Mai-Arbeitsmarktzahlen im ganzen Norden zu sprechen. Aber ob sich die Lage für die Beschäftigten verbessert, nur weil sich die Unternehmen erholen - daran lässt sich zweifeln.
"Die Studie ist nicht repräsentativ", warnt ihr Autor Erik Farke, die Befunde zu verallgemeinern. Man erreiche schließlich nur Betriebe, die mitbestimmt sind. Allerdings: Man wird eher annehmen müssen, dass bei den anderen die Lage der Beschäftigten schlechter ist.
Und selbst bei den Unternehmen im Land Bremen, die Arbeitnehmerrechte hochhalten ist die Stimmung nicht so super: Nur 10,9 Prozent der Befragten - von 655 haben 147 Betriebsräte geantwortet, also knapp ein Viertel - erwarten eine verbesserte Geschäftslage. Davon, dass sich die Lage ihres Unternehmens verschlechtert, gehen 23,1 Prozent aus. Fast schon gewagt klingt es da, dass Farke "die Talsohle erreicht" und Anzeichen für eine Belebung sieht, weil die große Mehrheit der Betriebsräte "keine weitere Verschlechterung" erwartet - bei einer Konjunktur auf Krisenniveau.
Erreicht hat die Krise vor allem die abhängig Beschäftigten: "Die Arbeitnehmer sind eindeutig die Verlierer", resümiert der Hauptgeschäftsführer der Kammer, Hans Endl die Studie. Durch verschlechterte Arbeitsbedingungen, durch Arbeits-Verdichtung, durch Kurzarbeit haben sie die Hauptlast geschultert - Maßnahmen, die in Kauf genommen werden, um den Job zu behalten. Um die Krise zu meistern, ist den Unternehmen laut der Umfrage in erster Linie eingefallen, befristete Stellen nicht zu verlängern oder vakante nicht neu zu besetzen. Zudem wurden Löhne gekürzt, Fortbildungen gestrichen - und in den Betrieben von 18,4 Prozent der Teilnehmer wurde die Stammbelegschaft abgebaut.
Groß ist zudem die Angst, die Stelle zu verlieren: So erwarten 27,9 Prozent der Betriebsräte, dass in ihren Unternehmen Arbeitsplätze abgebaut werden. Hinzu kommen ein Trend zur Leiharbeit und Handelskammer-Forderungen wie die nach der Kürzung von Nacht- und Feiertags-Zuschlägen. "Sind die Beschäftigten nicht auch systemrelevant?", fragt Endl.
Laut Anette Düring, Vorsitzende des DGB Elbe-Weser sind das "keine Werte, die mir völlig unbekannt vorkommen": Stark angestiegen sei der Druck etwa bei den Auto-Zulieferern, "die haben da teilweise ein echtes Problem mit Leiharbeit". Sie will aus der Studie Folgen für die Gewerkschaftsarbeit ableiten: "Es ist wichtig, dass wir uns für Stammbelegschaften ebenso einsetzen, wie für die Leiharbeiter." Lange genug galten die in den Betrieben als ,die Bösen'. "Wenn sich die Belegschaft so spalten lässt, verlieren am Ende alle."
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