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Krise in der ElfenbeinküsteWestafrika bittet um UN-Eingreifen

Der Krisengipfel der westafrikanischen Regionalorganisation Ecowas beschließt, den UN-Sicherheitsrat um militärisches Eingreifen zu bitten. Ziel: Gbagbo soll abtreten.

Gruppenfoto der Staatschefs nach dem Ecowas-Treffen in Abuja. Bild: reuters

ABUJA taz | Nigerias Präsident Goodluck Jonathan findet deutliche Worte. Die Vereinten Nationen bräuchten ein stärkeres Mandat in der Elfenbeinküste, betont der Gastgeber des Gipfels der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) am späten Donnerstag während der Abschlusssitzung in Nigerias Hauptstadt Abuja. Los lässt ihn die Situation in der Elfenbeinküste dann auch nach der Verlesung der Beschlüsse nicht, die die westafrikanische Regionalorganisation getroffen hat.

Als Delegierte, Beobachter und Journalisten schon im Begriff sind, den Konferenzraum zu verlassen, greift Jonathan wieder zum Mikrofon: "Lassen Sie mich noch einmal etwas zu Laurent Gbagbo sagen." In Richtung des ehemaligen ivorischen Präsidenten, der seit Verkündung seiner Wahlniederlage im Dezember 2010 krampfhaft und mit allen Mitteln an seiner Macht festhält, betont er: "Wir wollen keine Krise in der Region."

Damit hat der Präsident des größten westafrikanischen Landes den Gipfelteilnehmern aus der Seele gesprochen. "Die Elfenbeinküste besorgt uns von Tag zu Tag mehr", sagt ein Delegierter. Denn die explosive Lage dort wirkt sich längst auf die ganze Region aus. Mehr als eine Million Menschen haben nach jüngsten UN-Angaben die Metropole Abidjan verlassen, wo Gbagbos Truppen gegen bewaffnete Anhänger des gewählten Präsidenten Alassane Ouattara kämpfen und Zivilisten mit schweren Waffen beschießen. Die Flüchtlingsströme aus dem Westen der Elfenbeinküste ins benachbarte Liberia reißen nicht ab.

Ohne die UNO ist kein Eingreifen möglich

"Wir sind entsetzt, dass fast jeden Tag Männer, Frauen und Kinder sterben", sagte Ecowas-Kommissionspräsident James Victor Gbeho vor Journalisten. Deutlich macht Gbeho aber auch: Ohne die UNO, die bereits 10.000 Blauhelmsoldaten in der Elfenbeinküste stehen hat, ist kein Eingreifen möglich. "Der Sicherheitsrat der UN ist das einzige Gremium auf der Welt, das ein militärisches Eingreifen legitimieren kann. Und ich denke, es ist an der Zeit, dass wir uns an die Vereinten Nationen wenden." Die soll nun über die Standpunkte der Ecowas unterrichtet werden.

Dazu gehört auch, dass eine friedliche Lösung immer unwahrscheinlicher wird. Denn Gbagbo macht keinerlei Anstalten, seinem Kontrahenten Ouattara das Amt des Präsidenten zu überlassen. Ein weiterer Versuch, Gbagbo von einem friedlichen Machtwechsel zu überzeugen, soll zwar noch gestartet werden. Aber der Ecowas reicht es eigentlich schon jetzt. Sie ist längst nicht mehr abgeneigt gegen einen Militäreinsatz. "Dieses Treffen hat uns darin bestärkt, dass ein militärisches Eingreifen immer wahrscheinlicher wird", so Gbeho. Das Gipfelkommuniqué fordert die UNO auf, "alle notwendigen Maßnahmen" zum Schutz menschlichen Lebens und zur Machtübertragung an Ouattara zu treffen.

Zum Gipfelauftakt am Mittwoch hatten sich mehr als 100 Frauen aus der Elfenbeinküste vor dem Hauptquartier der Ecowas in Abuja versammelt, um deutlich zu machen, dass sie mit dem bisherigen Verhalten der Organisation nicht einverstanden sind. Diese hätte in den vergangenen Monaten ein viel zu schwaches Bild abgegeben. Niemand hätte sie ernst nehmen können. Allerdings ging ihr Protest im Konferenzgetöse unter. Ein bisschen so wie die Elfenbeinküste insgesamt auf der internationalen Bühne angesichts der Diskussionen zu Libyen.

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6 Kommentare

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  • AA
    Andreas Ackermann

    Ralph,

     

    "Ble hat keine Zivilisten bewaffnet, wie in den intern. Medien gerne! verbreitet wird"

     

    Hier z.B.: "Gbagbo's often violent youth wing, the Young Patriots, have caused mayhem in the past and have recently set up road blocks everywhere, armed with AK-47s, sticks and machetes." http://www.trust.org/alertnet/news/ouattara-forces-push-south-in-ivory-coast

     

    Wer hat sie denn dann bewaffnet? Die UN?

  • DP
    Daniel Preissler

    Die FN sind damals aus der alten ivorischen Armee hervorgegangen (der revoltierende Teil derselben eben) und nicht etwa importiert worden. Unterstützung durch Burkina halte ich jedoch für sehr wahrscheinlich.

  • RP
    ralph podzwadowski

    Das die FN aus Soeldner aus Burkina,Nigeria,Senegal u.a. bestehen ist doch hoffentlich allgemein unstrittig, oder etwa nicht? Diese attakieren seit mind. seit 2002 die CI; die gleichen Leute mit den gleichen Chefs(ADO/SORO). Aber nun auch international anerkannt(frueher nur inoffiziel?) und auch gefoerdert im Namen der Freiheit(..der internationalen Grosskonzerne, nein bin kein ATTAK-member). Also hier gehen Bewaffnete mit Sturmgewehren und Panzerfaueste "demonstrieren" manche sogar in einer sog. Frauenkundgebung/ mutig!)und dabei sind bisher ca.40 Polizisten(kein FDS)durch Kugeln und Explosionswunden gestorben und das ist was bitte? Auch Beamte!! die Veranstaltungen begleiten; haben das Recht wieder lebend nach Hause zur Familie zu kommen. Uebrigens ruft der Dienstherr(welcher ja ADO nach "intern. Bestaetigung, waere) im Allgemeinen nicht zu Toetungen der "Anderen" auf.

    Das sind alles oeffentlich zugaengliche FAKTEN, die aber,warum auch immer,einfach ignoriert werden. DAS ist der eigentliche SKANDAL - Die UN verstoest gegen ihre eigenen und laenderspezifischen Gesetze und Choi ist ein Freiheitskaempfer genau wie der mordende Rebell Soro(entschuldigung intern. bestaetigter Premier-UND "Verteidigumg" Minister) Das ist also in manchen Augen Demokratie??

    Staunend zur Kenntnis genommen, aber niemals akzeptierend.

    Und wieso braucht ausgerechnet Gbagbo Soeldner; nach Ble"s Aufruf sind bisher (in 10 Tagen)ca. 100.000 !!in die Armee/FDS eingetreten.(Ble hat keine Zivilisten bewaffnet, wie in den intern. Medien gerne! verbreitet wird).

    Erklaere mir doch bitte einer mal warum man mit mehr Toten Frieden schafft???????

  • AA
    Andreas Ackermann

    Ralph,

     

    Gbagbo hat sich Soeldner rangeholt, die neben Traenengas auch mit scharfer Munition auf Demonstranten schiessen und Handgranaten schmeissen. Dagegen ist Einkesseln Premiumbehandlung. Als Beispiel ist ein 14-jaehriger Ouattara-Anhaenger mit ueber Hundert Schrapnell-Wunden ins Krankenhaus eingeliefert worden und am Blutverlust gestorben. Selbst bei der Frauendemo haben sie es sich nicht verkneifen koennen, sieben unbewaffnete Frauen zu erschiessen und unzaehlige zu verletzen.

     

    Wieviele Leute haben Ouattaras Anhaenger auf Ble Goudes Demos abgeschlachtet?

     

    Koennte das vielleicht mit den hoeheren Zahlen an Demonstrationswilligen zu tun haben? Ich persoenlich gehe haeufiger zu Demos, bei denen ich eine ueberwaeltigend gute Chance sehe zu ueberleben. Ich hab so'n Gefuehl das machen die Ivorer auch.

  • RP
    ralph podzwadowski

    Wieviel Tote und Vertriebene wird es bei einem ANGRIFF(Verzeihung; einer punktuellen und zeitlich auf ein minimum(Stunden,max.Tagen) begrenzten bzw. exat kalkulierten Kommandoaktion wohl geben?? Und wieviel Mann benoetigt man wohl noch dafuer, wenn 10.000 UN zzgl. 1500 von LICORN,die schon da sind, nicht mal Beweise ueber angebl. Massengraeber, Massenvergewaltigungen, Pluenderungen,Lynchjustiz dokumentieren koennen? Einschreiten/Verhindern ist wohl nicht moeglich,einfach zuviel Ivoirer die einen dabei behindern( die muessen dann natuerlich auch mit weg,aeh oder?)

    Eindeutig, die Welt BRAUCHT unbedingt noch einen Krieg; man ist zwar nicht angegriffen worden, aber der international bestaetigte "Praesident"(Napoleon war da mutiger) ersucht ja danach und wenn er selber nur untaetig(bzw. Krieg gegen die eigene Bevoelkerung! erbittend?!)abhaengt, dann muessen wir schon aktiv werden. Ehrensache.

    Wieso hat ADO in 4 Monaten:

    - keine oeffentliche Unterstuetzung bekommen,ich meine damit um die 5000 Leute in einer 6 Mio. Stadt wie Abidjan; der andere(Gbagbo) kann das aber bedeutend besser.

    - sind(zumindest) Teile der (riesigen )Administration der Arbeit ferngeblieben wie ADO's erbettelt!! und dann auch unter Strafe BEFOHLEN hatte?

    - Teile, oder auch nur 1 Colonel,Kommandant,General der FDS(sind nur 60.000 Mann)uebergelaufen

    Alles auch TROTZ !! der" kuruptionsanfaelligkeit" des Systems ???????????????

    Aber Fragen verwirren nur die klare,freudige Aussicht auf die bevorstehenden Gewinne; nein natuerlich nicht fuer die Ivoirer, fuer uns und die "anderen"

    In diesem Sinne vielen Dank

  • KB
    karin bryant

    wer fuer den Einsatz der Nato in Libyen stimmte muss auch einen Einsatz in Elfenbein Kueste stimmen,alles andere waere unmoralisch!

     

    Ueberall in Afrika 'brennen die Huetten' wer bestimmt wem geholfen wird und wem nicht????

    Ich denke aber kaum dass Einsaetze in Laendern die uns nicht angreifen der Sinn der Nato sind.