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Krise im KongoFriedensgespräche an totem Punkt

Nach Verhandlungen zwischen Regierung und Nkunda-Rebellen gibt es kaum Ergebnisse, aber Missverständnisse - ob Ostkongos Probleme lokal oder national sind.

Waffen sind omnipräsent: Die Krise im Kongo ist noch lange nicht gelöst. Bild: ap

BERLIN taz Am Donnerstagmorgen sah es noch so aus, als seien die Friedensgespräche für die Demokratische Republik Kongo zwischen Regierung und der ostkongolesischen Rebellenbewegung CNDP (Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes) komplett geplatzt. UN-Vermittler Olusegun Obasanjo, ehemaliger Präsident von Nigeria, hatte am späten Mittwochabend gesagt, die Verhandlungen in Kenias Hauptstadt Nairobi seien "zusammengebrochen"; er werde die Rebellenvertreter nach Hause schicken und dann selbst in den Ostkongo reisen, um CNDP-Führer Laurent Nkunda zu treffen. CNDP-Sprecher Bertrand Bisima nannte den Vermittler "parteiisch" und sagte pathetisch: "Wir ziehen uns lieber zurück, um uns um das Leid unseres Volkes zu kümmern."

Aber statt abzureisen, blieben beide fünfköpfigen Delegationen ebenso wie Vermittler Obasanjo im hermetisch gesicherten UN-Gelände von Nairobi. Obasanjo führe Einzelgespräche mit jeder Seite, erklärte UN-Sprecher Jesn Laerke am Nachmittag. Sogar eine neue Verhandlungsrunde wurde nicht ausgeschlossen.

Die Gespräche zwischen Regierung und Rebellen hatten am Montag begonnen, nachdem UN-Vermittler Obasanjo per Pendeldiplomatie zwischen Kongos Präsident Joseph Kabila in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa und Rebellenführer Laurent Nkunda im ostkongolesischen Dorf Jomba die Bedingungen für Direktverhandlungen ausgelotet hatte. Erst am Freitag vergangener Woche hatte Kongos Regierung bei einem Gipfeltreffen mit Ruanda in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma eingelenkt und Gesprächen zugestimmt.

Die CNDP unter dem Tutsi-General Nkunda kämpft seit mehreren Jahren im Ostkongo gegen Kongos Armee und die mit dieser verbündeten kongolesischen und ruandischen Hutu-Milizen. Ende Oktober stießen die Rebellen bis an die Tore der Provinzhauptstadt Goma vor. Seitdem herrscht dort ein brüchiger Waffenstillstand, während weiter nördlich die Rebellen mehrmals größere Gebiete besetzt haben und dann wieder abgezogen sind, mit der Aufforderung an die dort stationierten UN-Blauhelme, eine Rückkehr der feindlichen Milizen zu verhindern. Dies hat aber nicht funktioniert.

So dauert Misstrauen zwischen den Kriegsparteien an, während weiterhin über eine Million Menschen allein in der Provinz Nord-Kivu auf der Flucht sind. Dass Kongo und Ruanda im Prinzip ein gemeinsames Vorgehen gegen ruandische Hutu-Milizen im Ostkongo vereinbart haben, deren Anwesenheit auf Regierungsseite ein wichtiger Grund für Nkundas Krieg ist, bleibt bislang folgenlos.

In Nairobi ärgerte sich die UN-Vermittlung, dass die CNDP-Vertreter ständig mit Nkunda telefonierten, was einen vernünftigen Dialog erschwerte. Ihrerseits warfen die Rebellen der Regierungsdelegation vor, kein klares Mandat aus Kinshasa zu haben. Endgültiges gegenseitiges Unverständnis erzeugte schließlich die Frage, worüber man überhaupt redet. Obasanjo sieht sich als Vermittler nur für Ostkongo; Nkundas Rebellen sehen sich als Bewegung mit gesamtkongolesischen Ansprüchen.

"Wenn wir ihnen Fragen stellen, geben sie uns komische Antworten und sagen, sie wollen für den ganzen Kongo verhandeln", beschwerte sich Obasanjo am Mittwochabend; die Rebellen "scheinen sich über ihre Prioritäten nicht im Klaren zu sein". Rebellensprecher Bisimwa konterte: "Man verlangt von uns, unsere Forderungen an das Mandat des Vermittlers anzupassen und sie auf lokale Probleme zu beschränken, deren Gründe aber hauptsächlich national sind. Der Grund für das Sicherheitsproblem ist das Fehlen einer Führung an der Spitze des kongolesischen Staates, die in der Lage ist, die Bevölkerung zu schützen. Wir verstehen nicht, warum wir nicht die Probleme unserer kongolesischen Mitbürger artikulieren sollen." DOMINIC JOHNSON

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