Krise der Zentralafrikanischen Republik: Söldner, Waffen und Flüchtlinge
Die humanitäre Notlage in der Zentralafrikanischen Republik spitzt sich zu. Über die Folgen sind die Nachbarländer immer stärker beunruhigt.
Auf einem Sondergipfel der „Internationalen Konferenz der Region der Großen Seen“ (ICGLR) in Angolas Hauptstadt Luanda Ende vergangener Woche riefen die versammelten Staatschefs, unter anderem aus Ruanda und Kongo-Brazzaville, die zentralafrikanische Rebellenkoalition CPC (Koalition der Patrioten für den Wandel) zum „sofortigen einseitigen Waffenstillstand“ auf.
Die CPC vereint ehemalige muslimische Rebellen mit ihren ehemaligen christlichen Gegnern im gemeinsamen Ziel, die Zentralafrikanische Republik für den wiedergewählten Präsidenten Faustin-Archange Touadéra unregierbar zu machen. Zentrale Figur bei den Rebellen ist Touadéras Hauptrivale François Bozizé, der 2013 gestürzte ehemalige Staatschef, der von den Wahlen 2020 ausgeschlossen wurde.
Touadéra hat die Nachbarländer aufgefordert, ihre Bürger daran zu hindern, als Söldner in der Zentralafrikanischen Republik anzuheuern. Sudan hat daraufhin die gemeinsame Grenze geschlossen, auch um illegale Waffenströme zu unterbinden, aber Tschad hat der Forderung kein Gehör geschenkt.
Darüber hinaus haben die Rebellen die wichtigste Handelsroute der Zentralafrikanischen Republik blockiert, die aus der Hauptstadt Bangui nach Westen Richtung Kamerun führt und das Land mit dem Atlantik verbindet. Die Schließung der „Nationalstraße 1“ hat massive Lebensmittelknappheit erzeugt und verhindert auch die Ankunft von Hilfsgütern.
„Ohne schnelle internationale Unterstützung könnten sich die unterbrochenen Lieferketten als fatal für die 1,9 Millionen erweisen, die jetzt schon Ernährungsunsicherheit erleiden“, sagte das Hilfswerk Refugees International.
1.000 neue Flüchtlinge pro Tag
Seit den Wahlen vom 27. Dezember sind über 200.000 Menschen in der Zentralafrikanischen Republik vertrieben worden, die Hälfte davon Kinder. Im Süden des Landes waren bis zum vergangenen Freitag 92.000 Menschen in die benachbarte Demokratische Republik Kongo geflohen, in Gebiete, deren Bevölkerungen selbst kaum etwas haben. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sprach von 1.000 Neuankömmlingen pro Tag.
Von den rund 4,9 Millionen Einwohnern sind nach UN-Angaben rund 2,8 Millionen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef haben Fälle schwerer Unterernährung bei Kindern unter fünf Jahren innerhalb eines Jahres um 16 Prozent zugenommen. Hilfszentren für minderjährige Flüchtlinge und Opfer von Gewalt mussten schließen oder können nicht mehr arbeiten.
Unicef-Vertreter Fran Equiza in Bangui sagt, dass wieder einmal Kinder die Hauptopfer des Krieges sind: „Ihre Schulbildung wird unterbrochen, sie sind Gewalt ausgesetzt, sie werden von ihren Familien getrennt oder in bewaffnete Gruppen rekrutiert.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Überraschende Wende in Syrien
Stunde null in Aleppo
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär
Trumps Wiederwahl
1933 lässt grüßen