Krise beim VfL Wolfsburg: Die Leiden des Edin Dzeko
Nach dem traurigen 0:0 zwischen Wolfsburg und Werder Bremen stellen sich dringende Fragen - vor allem in Sachen Dzeko. Der beste Stürmer der Bundesliga erscheint in der VW-Arena manchmal deplatziert.
Drei Minuten vor dem Ende leuchtete die "9" auf. Edin Dzeko nahm die Kapitänsbinde ab und ging langsam Richtung Außenlinie. Sascha Riether war hellwach und eilte zum Kollegen, um ihn beruhigend abzuklopfen. Dzeko ignorierte ihn. Zwanzig Meter vor Erreichen der Außenlinie zog er einen seiner berühmten Sprints an und katapultierte sich damit an der ausgestreckten Hand von Trainer Steve McClaren vorbei.
Es geht hier nicht um die überschätzte Frage, ob man seinem Trainer den Handschlag verweigern darf. Ach, Gott. Es geht darum, wie traurig das Bild anzusehen war: Dzekos Frust über ein für ihn grausliges 0:0 steckt da drin; über seinen verschossenen Elfmeter, den er hoch über Wieses Tor schoss. Vielleicht sogar das Elend einer Saison, bei der die Möglichkeit inzwischen größer ist, dass sie verkorkst enden wird und nicht ordentlich oder gar gelungen.
Und dies alles in dem Kontext eines angeblichen Kaufinteresses von Real Madrid, von dem spanische Journalisten versichern, dass es existiert. Offiziell gemacht hat man es bisher nach VfL-Angaben nicht. Und: Real hat zwar gute, persönliche Kontakte zu Klubbesitzer VW, aber eben nur 25 Millionen Euro für die Ablösesumme.
Edin Dzeko, 24 Jahre alt, ist ein Jahrzehnttalent, vermutlich der beste Stürmer der Bundesliga und sicher der beste Spieler, der bisher in Wolfsburg gespielt hat. Dass er selbst mit diesem bedingt funktionierenden Team neun Saisontore erzielt hat, zeigt seine Klasse. Aber eigentlich wollte er im Sommer zu einem europäischen Großklub. Und nun geht es beim VfL im zweiten Jahr abwärts und es sieht manchmal so aus, als stehe Dzeko in der VW-Arena und frage sich: Was mache ich hier?
Er ist sicher nicht in Topform. Es liegt an ihm, aber auch am Team, dass sie ihn viel zu selten ins Spiel bekommen. Auch Diego nicht, die einzige Kreativoption des VfL, der gegen seinen alten Klub Werder nicht schlecht war, aber an Effekt verlor, weil er sich zu viele Bälle hinten holen musste.
Irgendwann verlor Dzeko den Glauben und fing an, uneffektive Dinge am Ball zu machen, damit er wenigstens ein bisschen das Spiel spürte. Und als dann der Elfer gepfiffen war, wollte er die Wende erzwingen. Für den Kollegen Diego war es "der wichtigste Moment des Spiels". Er diskutierte mit Dzeko, er war gut im Spiel, er wollte schießen, aber Dezko gab den Ball nicht mehr her. "Ich respektiere das", sagte Diego.
"Beide können Elfmeter verwandeln", sagte McClaren und verwies darauf, dass auch der Experte Torsten Frings zuvor für Werder einen Strafstoß vergeben hatte. Doch den hielt VfL-Keeper Diego Benaglio glücklich oder grandios, je nach Sichtweise, wie auch unmittelbar vor dem Ende eine Bremer Großchance durch Aaron Hunt.
Im Grunde hatte das Spiel keine andere Logik als die eines traurigen 0:0. Beide tasteten sich an ihren Fußball allenfalls heran, beide in der Hoffnung, der jeweils andere möge die Krise haben und die eigene dadurch irgendwie weggehen.
Allein Dzeko - und nicht einmal der in Turin gescheiterte Diego - steht als Person und als Symbol für den Willen von VW, in Wolfsburg einen Fußball spielen zu lassen, der europaweit wahrgenommen wird. VfL-Geschäftsführer Dieter Hoeneß sagt, ein Weggang im Winter sei kein Thema. Doch je gefrusteter Dzeko ist, desto verlockender kann für ihn die Vorstellung werden, mit Cristiano Ronaldo und Özil zu spielen. Je mehr er abgelenkt ist, desto weniger wird er im Wolfsburger Mittelmaß eine Topleistung bringen können.
Ein Weggang wäre ein immenser Reputationsverlust. Es röche nach Aufgabe.
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