Krise an belarussisch-polnischer Grenze: Kiew sichert seine Grenze
Die Ukraine schickt Sicherheitskräfte an die Grenze zu Belarus. Angela Merkel hat Lukaschenko dazu aufgefordert, Hilfen der EU und der Vereinten Nationen zuzulassen.
„Das ist nur der Anfang“, fügte der Botschafter hinzu. „Möglicherweise wird auch der Notstand ausgerufen. Wir sind für alles gerüstet.“ Die Grenze zwischen der Ukraine und Belarus sei mehr als tausend Kilometer lang und bestehe aus schwer zu kontrollierenden Sümpfen und Wäldern. „Wir haben die Sorge, dass dieses Gebiet für mögliche Provokationen genutzt werden kann“, sagte Melnyk.
Die aktuelle Flüchtlingskrise werde von dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin „inszeniert, um die Militäraktivitäten Russlands vor der Ostgrenze der Ukraine und im Donbass zu verschleiern“, fügte der Botschafter mit Blick auf den Konflikt in der Ostukraine hinzu.
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki warnt Europa unterdessen vor einem Zustrom von „Millionen“ Migranten. Dabei schloss er angesichts der Entwicklung an der polnisch-belarussischen Grenze eine Kriegsgefahr nicht aus. „Die belarussischen Kräfte provozieren immer deutlicher. Ich hoffe, sie machen dabei nicht den einen Schritt zu weit“, sagte er.
Merkel telefoniert erneut mit Lukaschenko
„Wenn wir nicht in der Lage sind, jetzt Tausende Zuwanderer fernzuhalten, dann werden es bald Hunderttausende sein, Millionen, die Richtung Europa kommen“, sagte Morawiecki der Bild-Zeitung. „Wenn wir unsere Grenzen in Europa nicht entschieden schützen und verteidigen, werden Hunderte Millionen aus Afrika oder dem Mittleren Osten versuchen, nach Europa und insbesondere nach Deutschland zu kommen.“ In Deutschland lebten mehr als 80 Millionen Menschen. „Würden Sie erlauben, dass 50 Millionen weitere kommen?“
Die EU hatte indes am Mittwoch Hilfslieferungen für die in Belarus festsitzenden Migranten angekündigt. In einem ersten Schritt sollen Nahrung, Decken und andere Güter im Wert von 700.000 Euro in die Region an der Grenze zu Polen gebracht werden, teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit. „Wir sind bereit mehr zu tun“, ergänzte sie.
Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte das zweite Mal binnen drei Tagen mit dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko. Nach Auskunft von Merkels Sprecher forderte sie Lukaschenko auf, die Hilfen der EU und der Vereinten Nationen zuzulassen. Es gehe für die betroffenen Menschen um humanitäre Versorgung und um Möglichkeiten, in die Heimatländer zurückzukehren.
Am Donnerstag sollen irakische Migranten in einem ersten Flug von Belarus in ihre Heimat gebracht werden, wie die russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf den irakischen Botschafter in Moskau meldete. Nach Angaben des Auswärtigen Amts in Berlin haben sich 170 Iraker an der belarussisch-polnischen Grenze für eine „zeitnahe Rückführung“ gemeldet.
Laut Bundesinnenministerium hat sich die Lage an der deutsch-polnischen Grenze entspannt. Die Zahl in Brandenburg ankommender Migranten sei in den vergangenen Tagen niedriger gewesen, sagte ein Ministeriumssprecher.
Ressortchef Horst Seehofer kündigte an, am Donnerstag nach Warschau zu reisen, um Gespräche mit der polnischen Regierung über die Belarus-Krise zu führen. Regierungssprecher Steffen Seibert teilte zudem mit, Merkel habe mit dem polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki telefoniert. Thema sei die enge deutsch-polnische Abstimmung über die besorgniserregende Situation an der Grenze zwischen Belarus und der EU gewesen, Merkel habe die volle deutsche Solidarität mit Polen unterstrichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen