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Kriminologe über junge Straftäter"Die meisten hören von alleine auf"

Einmal kriminell, immer kriminell? Im Gegenteil. Junge Straftäter hören schneller als gedacht auf mit Delikten, auch Intensivtäter. Kriminologe Klaus Boers erklärt, warum.

Die meisten Intensivtäter sind nur bis 16 kriminell aktiv. Bild: dpa

taz: Herr Boers, Sie untersuchen in einer Langzeitstudie die Straffälligkeit von Jugendlichen in Duisburg. Drei von Fünf gaben an, bereits eine Straftat begangen zu haben. Ist die Jugend krimineller als gedacht?

Klaus Boers: Wir haben die Jugendlichen selbst befragt und damit das Dunkelfeld untersucht. Diese Werte sind deshalb natürlich höher als die aus den amtlichen Polizeistatistiken. Wir haben 15 Taten abgefragt - vom Ladendiebstahl bis zum Raub. Die leichten Delikte kommen häufiger vor als die schweren. Und die meisten Jugendlichen begehen nur ein oder zwei Taten.

Das Klischee lautet, dass ausländische Jugendliche krimineller sind als deutsche. Sie kommen zu anderen Ergebnissen.

Man kann nicht pauschal behaupten, dass jugendliche Migranten krimineller sind als deutsche Altersgenossen. Entscheidend sind die Bedingungen in der jeweiligen Stadt: In Duisburg haben ausländische Jugendliche vergleichsweise gute Bildungschancen. Die deutschen Jugendlichen gehen zwar häufiger aufs Gymnasium. Aber viele ausländische Jugendliche besuchen Gesamtschulen und haben damit fast genauso gute Chancen, das Abitur zu machen.

Die meisten Jugendlichen überschreiten ihren Kriminalitätszenit früh, nämlich schon mit 14 Jahren.

Ja, das ist eines der interessantesten Ergebnisse. Der Zeitpunkt des Ausstiegs ist sehr früh. Bisher sind wir aufgrund der polizeilichen Statistiken davon ausgegangen, dass sie erst mit 17 oder 18 Jahren aufhören. Die Jugendlichen wollen Grenzen austesten. Sie klauen vielleicht mal im Supermarkt, aber sie lernen relativ schnell, was geht und was nicht. Die allermeisten hören von alleine wieder auf.

Was ist mit jugendlichen Intensivtätern?

Man hat lange angenommen, dass schwere Straftäter schon sehr früh ihre kriminelle Karriere beginnen - nach dem Motto: Einmal Verbrecher, immer Verbrecher. Unsere Ergebnisse zeigen, dass das nicht stimmt. Auch viele von denen, die wirklich Probleme machen, hören in ihrer Jugend wieder auf damit. Und das ist eine gute Nachricht.

Auch die harten Jungs werden ganz von selbst wieder zahm?

Nicht alle, aber doch ein bedeutender Teil. Die meisten Intensivtäter sind nur bis 16 kriminell aktiv. Dann finden sie eine Freundin, einen Job. Viele von denen sind nicht die Dümmsten. Wenn man ihnen eine Perspektive aufzeigt, stehen die Chancen gut, dass sie aus der Kriminälität wieder aussteigen.

Und die, die nicht aussteigen?

Natürlich bleiben am Schluss einige übrig, die auch mit 30 oder 40 Jahren noch kriminell sind. Warum diese Menschen kriminell bleiben, darüber lässt sich nur spekulieren. Persönliche, vor allem aber soziale Faktoren spielen sicher eine Rolle.

Wie muss ein gutes Jugendstrafrecht aussehen?

Mit harten Strafen sollte man vorsichtig umgehen. Wir müssen die Leute soweit wie möglich aus dem Jugendstrafvollzug heraushalten. Haftstrafen ziehen hohe Rückfallquoten von 70 bis 80 Prozent nach sich. Die gute Nachricht unserer Untersuchung ist, dass auch bei Intensivtätern nicht alle Hoffnung verloren ist. Im Gegenteil: Die Bedingungen für Sozialpädagogik oder Bildungsangebote sind sehr gut.

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6 Kommentare

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  • S
    s.fuchs

    Die meisten hören von alleine wieder auf? Die Zahlen der Schwellen- und Serientäter steigen in Berlin seit Jahren. Da hilft es nicht, dass irgeneine Statistik aus Duisburg zu der Erkenntnis verleitet, dass viele Täter von sich aus von Gewalttaten irgendwann absehen würden und das ganze Problem daher ja nicht so schlimm sei. Denn anscheinend gibt es immer mehr, die dabei bleiben. Alleine die Anzahl der Messerattacken haben in Berlin laut einem rbb-Bericht um 40% zugenommen. Es nützt nichts zu wissen, dass Messerstecher irgendwann keine Lust mehr auf derlei Gewalttaten haben. Jede Straftat hinterläßt Opfer, meistens mit langzeitigen psychischen Problemen (wenn sie überleben).

     

    In Berlin, so inzwischen auch die Justizsenatorin v.d. Aue, beträgt der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund an der Intensivtäteranzahl 80%. Hier müsssen Hintergründe beleuchtet werden, Maßnahmen ergriffen werden, damit kein Teufelskreis entsteht. Innerfamiliäre Gewalt ist in bestimmten Migrantenmilieus mit patriarchalisch-autoritären Strukturen überproportional häufig. Auch hier gilt: wenn man nur zusieht und denkt, jene Probleme lösen sich mit der Zeit von selbst, läuft man gegen eine Wand. Was sollte die nächste Generation dazu bewegen, die selbst erfahrenen Erziehungsmethoden der Eltern kritisch zu überdenken?

     

    Und: was würden bessere Bildungsmöglichkeiten nutzen, wenn sie nicht angenommen werden? Neben der Verbesserung von Integrationsangeboten müssen auch restriktive Maßnahmen ergriffen werden. Sonst bekommt man benannte Probleme, die gerne kleingeredet werden, nicht in den Griff.

  • PM
    Pas Materski

    Das ist zuviel

    Vielleicht sollte man statt der Konsequenzen einfach mal auf die Irrationalität anspielen die mit diesen "Jugendsünden" einher gehen.

    Andererseits scheinen solche Taten der Karriere nicht immer im Wege zu stehen.Den Ächtungsgrad bestimmt wohl eher die Herkunft oder was im Pass steht.

    Die Gesellschaft impliziert lieber, lässt Berufsverbrecher aber meist ungeschoren.

    Hab mal ne Frage an die Statistiker: Wie steht es mit der Arbeitslosigkeit bei Motorradgangs aus, im Verhältnis zum Durschnitt?

  • S
    s.fuchs

    Die meisten hören von alleine wieder auf? Die Zahlen der Schwellen- und Serientäter steigen in Berlin seit Jahren. Da hilft es nicht, dass irgeneine Statistik aus Duisburg zu der Erkenntnis verleitet, dass viele Täter von sich aus von Gewalttaten irgendwann absehen würden und das ganze Problem daher ja nicht so schlimm sei. Denn anscheinend gibt es immer mehr, die dabei bleiben. Alleine die Anzahl der Messerattacken haben in Berlin laut einem rbb-Bericht um 40% zugenommen. Es nützt nichts zu wissen, dass Messerstecher irgendwann keine Lust mehr auf derlei Gewalttaten haben. Jede Straftat hinterläßt Opfer, meistens mit langzeitigen psychischen Problemen (wenn sie überleben).

     

    In Berlin, so inzwischen auch die Justizsenatorin v.d. Aue, beträgt der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund an der Intensivtäteranzahl 80%. Hier müsssen Hintergründe beleuchtet werden, Maßnahmen ergriffen werden, damit kein Teufelskreis entsteht. Innerfamiliäre Gewalt ist in bestimmten Migrantenmilieus mit patriarchalisch-autoritären Strukturen überproportional häufig. Auch hier gilt: wenn man nur zusieht und denkt, jene Probleme lösen sich mit der Zeit von selbst, läuft man gegen eine Wand. Was sollte die nächste Generation dazu bewegen, die selbst erfahrenen Erziehungsmethoden der Eltern kritisch zu überdenken?

     

    Und: was würden bessere Bildungsmöglichkeiten nutzen, wenn sie nicht angenommen werden? Neben der Verbesserung von Integrationsangeboten müssen auch restriktive Maßnahmen ergriffen werden. Sonst bekommt man benannte Probleme, die gerne kleingeredet werden, nicht in den Griff.

  • PM
    Pas Materski

    Das ist zuviel

    Vielleicht sollte man statt der Konsequenzen einfach mal auf die Irrationalität anspielen die mit diesen "Jugendsünden" einher gehen.

    Andererseits scheinen solche Taten der Karriere nicht immer im Wege zu stehen.Den Ächtungsgrad bestimmt wohl eher die Herkunft oder was im Pass steht.

    Die Gesellschaft impliziert lieber, lässt Berufsverbrecher aber meist ungeschoren.

    Hab mal ne Frage an die Statistiker: Wie steht es mit der Arbeitslosigkeit bei Motorradgangs aus, im Verhältnis zum Durschnitt?

  • S
    s.fuchs

    Die meisten hören von alleine wieder auf? Die Zahlen der Schwellen- und Serientäter steigen in Berlin seit Jahren. Da hilft es nicht, dass irgeneine Statistik aus Duisburg zu der Erkenntnis verleitet, dass viele Täter von sich aus von Gewalttaten irgendwann absehen würden und das ganze Problem daher ja nicht so schlimm sei. Denn anscheinend gibt es immer mehr, die dabei bleiben. Alleine die Anzahl der Messerattacken haben in Berlin laut einem rbb-Bericht um 40% zugenommen. Es nützt nichts zu wissen, dass Messerstecher irgendwann keine Lust mehr auf derlei Gewalttaten haben. Jede Straftat hinterläßt Opfer, meistens mit langzeitigen psychischen Problemen (wenn sie überleben).

     

    In Berlin, so inzwischen auch die Justizsenatorin v.d. Aue, beträgt der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund an der Intensivtäteranzahl 80%. Hier müsssen Hintergründe beleuchtet werden, Maßnahmen ergriffen werden, damit kein Teufelskreis entsteht. Innerfamiliäre Gewalt ist in bestimmten Migrantenmilieus mit patriarchalisch-autoritären Strukturen überproportional häufig. Auch hier gilt: wenn man nur zusieht und denkt, jene Probleme lösen sich mit der Zeit von selbst, läuft man gegen eine Wand. Was sollte die nächste Generation dazu bewegen, die selbst erfahrenen Erziehungsmethoden der Eltern kritisch zu überdenken?

     

    Und: was würden bessere Bildungsmöglichkeiten nutzen, wenn sie nicht angenommen werden? Neben der Verbesserung von Integrationsangeboten müssen auch restriktive Maßnahmen ergriffen werden. Sonst bekommt man benannte Probleme, die gerne kleingeredet werden, nicht in den Griff.

  • PM
    Pas Materski

    Das ist zuviel

    Vielleicht sollte man statt der Konsequenzen einfach mal auf die Irrationalität anspielen die mit diesen "Jugendsünden" einher gehen.

    Andererseits scheinen solche Taten der Karriere nicht immer im Wege zu stehen.Den Ächtungsgrad bestimmt wohl eher die Herkunft oder was im Pass steht.

    Die Gesellschaft impliziert lieber, lässt Berufsverbrecher aber meist ungeschoren.

    Hab mal ne Frage an die Statistiker: Wie steht es mit der Arbeitslosigkeit bei Motorradgangs aus, im Verhältnis zum Durschnitt?