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Kriminalität in ÖsterreichDen letzten Willen zu Geld gemacht

Von wegen Nebensachen aus Voralberg: Die kriminellen Gebaren am Bezirksgericht Dornbirn gleichen einer Soap. Es geht um 10 Millionen Euro und heimliche Liebschaften.

Ob dieses Testament auch gefälscht ist? Bild: dpa

Vorarlberg ist normalerweise kein Bundesland, das in die Schlagzeilen drängt. Höchstens spektakuläre Lawinenabgänge rufen die Existenz des zwischen dem Arlberg und der Schweiz eingeklemmten „Ländles“ gelegentlich in Erinnerung.

Seine Einwohner gelten als ebenso fleißig wie bieder. Und auf die Gerichtsbeamten trifft diese Beschreibung besonders zu. Deswegen war die Nachricht umso schockierender, dass ausgerechnet das Bezirksgericht Dornbirn Sitz einer kriminellen Vereinigung gewesen sein soll.

Über Jahre, so die Anklage, sollen Gerichtsbedienstete Testamente zum eigenen Vorteil gefälscht haben. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Schaden für die betrogenen Erben auf 10 Millionen Euro.

Bild: privat
Ralf Leonhard

ist Österreich-Korrespondent der taz.

Die Bande konnte jahrelang unbemerkt ihre kriminelle Energie austoben, weil sie äußerst geschickt vorging. Man suchte gezielt nach Erblassern, die keine direkten Nachkommen hatten und über lohnendes Vermögen verfügten. Als Erben setzten die Fälscher Dritte ein, die von ihrem Glück nichts ahnten. Meist waren es entmündigte Personen, mit deren Ableben bald zu rechnen war. Ihr Vermögen erbte in vielen Fällen ein Immobilienhändler in Salzburg, der in keinem nachvollziehbaren Verhältnis zu den Erblassern stand.

Die falschen Testamente wurden immer nach demselben Schema erstellt: maschinengeschrieben und mit den Unterschriften von drei Zeugen beglaubigt. Zwar gab es immer wieder Aufregung bei übergangenen Erben, denen die Verblichenen einst ihr Vermögen zugesagt hatten. Und Unschuldige gerieten in den Verdacht heimlicher und ungehöriger Liebschaften.

Doch wurden die seltsamen letzten Verfügungen als senile Kapricen gedeutet – bis vor drei Jahren. Da ging eine neue Richterin einer Beschwerde von Enterbten nach und entdeckte dabei bis zum falsch gesetzten Komma ein Muster in den gefälschten Testamenten. Dabei musste sie heimlich recherchieren, um nicht den Verdacht der verdächtigen Kollegen zu erregen.

Der Gerichtsvorgang ist auf 49 Aktenordner und 23.000 Seiten angewachsen. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Feldkirch, die sich auf 16 mutmaßliche Fälschungen bezieht, umfasst 266 Seiten. Das dürfte nur einen Bruchteil der Manipulationen abdecken. Eine Sonderrevision im Urkundenarchiv des Bezirksgerichtes Dornbirn stellte das Fehlen von 510 Testamenten fest. Am 16. April wird vor dem Landesgericht Salzburg der Testamentsfälscherbande der Prozess gemacht.

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