piwik no script img

Kriminalität gegen KinderIn Sambia geht die Angst um

Eine Welle mysteriöser Verbrechen und Entführungen von Schulkindern erregt in Sambia die Öffentlichkeit. Die Polizei warnt vor Fake News.

Mädchen in der Provinz Lusaka, Sambia Foto: Lilian Banda/eyevine/Xinhua/laif

Lusaka taz | Nathaniel Chanda war sieben Jahre alt, als er aus seiner Heimatstadt Kapiri Mposhi im Zentrum von Sambia verschwand. Als seine Leiche aus einem Fluss geborgen wurde, fehlten diverse Körperteile. Es wird vermutet, der Junge könnte einem Ritualmord zum Opfer gefallen sein.

Der Fall erregt Aufmerksamkeit im Rahmen der Suche nach einer Handyverkäuferin, Pamela Chisumpa, die im vergangenen Jahr von Unbekannten entführt und nie wieder gesehen wurde. In dieser Woche gab die Polizei sie bekannt, sie habe ein auf Chisumpa zugelassenes Handy gefunden, aber die Ermittlungen dauern an. Mittlerweile weiß man, dass zusammen mit ihr 12 weitere junge Frauen verschleppt worden sind.

„Jetzt scheinen die Täter ihre Ziele verändert zu haben“, sagt in Bezug auf den 7jährigen Chanda der Vizepräsident der Oppositionspartei PF (Patriotic Front), Given Lubinda. „Sie wollen jetzt Schulkinder“.

Erst vor kurzem verhaftete die Polizei zwei mutmaßliche Verbrecher im Zusammenhang mit dem Mord an der 10jährigen Universal Kamushi, die am 24. März in Sambias Hauptstadt Lusaka verschwand. Die beiden sind 25 und 36 Jahre alt. Auch ein Hexendoktor und sein Sohn wurden festgenommen.

„Als sambische Polizei nehmen wir die eskalierenden Fälle verschwundener Personen, mehrheitlich Kinder, mit Sorge zur Kenntnis“, sagte Polizeichef Lemmy Kajoba. „Die Ermittlungen bis jetzt haben enthüllt, dass es sich meistens um Entführungen durch Menschen handelt, die den Opfern nahe stehen oder sie kennen.“

Kajoba nannte gleich noch einen weiteren Fall: Die 10jährige Chikondi Banda, mutmaßlich von ihrem 24jährigen Nachbarn umgebracht. Beide 10jährigen Mädchen wurden auf dem Weg zur Schule entführt und später tot aufgefunden.

„Ich möchte die mutmaßlichen Täter warnen, dass wir das mit großem Interesse beobachten und dass wir alles tun werden, um die Übeltäter zu verfolgen und sicherzustellen, dass sie für ihre Handlungen büßen“, so Polizeichef Kajoba.

Er hat nun Polizeibeamte abgestellt, um die Sicherheitsprogramme für Schulen, Kirchen und andere Gelände mit Publikumsandrang zu verbessern. Lehrer und Schüler sollen Basiswissen in Sicherheit vermittelt bekommen.

Groß Aufmerksamkeit erregte bereits Ende 2022 die Festnahme von vier Ehepaaren aus Kroatien bei der Einreise aus der Demokratischen Republik Kongo. Sie hatten vier kongolesische Kleinkindern im Alter von ein bis drei Jahren dabei, die sie nach eigenen Angaben im Kongo adoptiert hatten.

Sambias Behörden warfen ihnen Menschenhandel vor und erhoben Anklage, aber sie blieben auf freiem Fuß. Als die acht Kroaten im Februar versuchten, das Land zu verlassen, wurden sie festgenommen und warten seitdem auf ihren Prozess.

Sambias Opposition sieht die Regierung von Präsident Haikande Hichilema in der Pflicht, mehr für die private Sicherheit zu tun und die Welle mysteriöser Verbrechen der jüngsten Zeit aufzuklären.

„Die Regierung muss alles tun, was in ihrer Macht steht, um Täter zu fassen und die Bedrohung durch solch schreckliche Verbrechen zu eliminieren“, sagte PF-Vize Lubinda. „Die Regierung hat die Verantwortung, die Sicherheit ihrer Bürger zu gewährleisten, also muss sie die entsprechenden Maßnahmen ergreifen.“

Lubinda und andere führen die Welle der Kriminalität auf die prekäre Wirtschaftslage zurück. Es wird vermutet, dass die Entführungen stattfinden, um Lösegeld zu erpressen.

In dieser Alarmstimmung mehren sich weitere mysteriöse Nachrichten. Vergangene Woche erschoss ein Achtjähriger in Lusaka seinen elfjährigen Freund mit dem Gewehr seines 72jährigen Großvaters. Nun wird der Großvater angeklagt und der Achtjährige in Pflege genommen.

Ein Bericht über die Entführung eines Kindes aus der Grundschule Hillview Park in Lusaka stellte sich derweil als erfunden heraus. „Wir bitten die Öffentlichkeit, Ruhe zu bewahren“, sagte der stellvertretende Polizeisprecher Danny Mwale. „Wir gehen gegen jene vor, die auf sozialen Medien Falschnachrichten über Kindesentführungen in Lusaka verbreiten.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!