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Kriminalität auf den PhilippinenBitterer Vorgeschmack auf Duterte

Dealer werden erschossen, Männer ohne Shirt drangsaliert: Die Polizei handelt schon nach dem Willen des künftigen Präsidenten.

Rodrigo Duterte ist noch nicht im Amt. Sein Geist ist schon da Foto: reuters

Berlin taz | Erst in zwei Wochen wird der am 9. Mai gewählte Rodrigo Duterte als Präsident der Philippinen vereidigt. Doch die Ankündigungen des 71-Jährigen, das Land mit harter Hand zu regieren und in sechs Monaten Kriminelle und Drogenbosse auszurotten, haben schon Gewalt und unrechtmäßige Aktionen ausgelöst.

Dem Aufruf, Dealer gnadenlos und mit Waffengewalt zu jagen, sind in den vergangenen zwei Wochen lokalen Medienberichten zufolge mehr als 20 Menschen zum Opfer gefallen. Das dürfte ganz nach dem Geschmack von Duterte sein. Als langjähriger Bürgermeister der südlichen Millionenstadt Davao hat er dort ein Regime geführt, in dem Todesschwadrone eine tragende Rolle spielen. Mehr als 1.000 von ihnen Getötete soll es dort während der Amtszeit des Juristen gegeben haben. Diese Zahl will er als Präsident vervielfachen: „Ich werde wie ein Diktator gegen Kriminelle vorgehen“, tönte Duterte kurz nach seiner Wahl.

Ein Schießbefehl für Polizisten, die Wiedereinführung der Todesstrafe und ein Kopfgeld, das Zivilisten zum Waffengebrauch gegen Verdächtige anstachelt: Das ist die Agenda des Anwalts, der sich offenbar nicht um Recht und Gesetz schert.

Das bekamen in den letzten Tagen selbst Kinder in den Slums der Hauptstadt Manila zu spüren. In einer Art vorauseilendem Gehorsam setzten Polizisten dort weitere Duterte-Pläne in die Tat um und brachten willkürlich Kinder, die nachts noch unterwegs waren, auf die Wache. Ebenso wurden Betrunkene und Männer mit nacktem Oberkörper verhaftet, die wegen der Hitze kein T-Shirt trugen. Während die verängstigten Kinder von ihren Eltern abgeholt werden konnten, hatten die erwachsenen Verhafteten die Wahl zwischen 40 Liegestützen oder einer Geld- und Gefängnisstrafe.

Was nach einem absurden Drehbuch klingt, lässt bei Menschenrechtlern die Alarmglocken schrillen. Jose Diokno, Vorsitzender einer Anwaltsgruppe, die kostenlose Rechtsberatung anbietet, warnt, dass die Opfer des Kriegs gegen die Kriminalität vor allem „die Armen sein werden“. Dabei waren gerade die Hoffnungslosen aus den Elendsvierteln und die mittellose Landbevölkerung so begeistert von dem Sprücheklopfer Duterte. Sie erhofften sich, dass ihr Leben besser wird und er die korrupten Eliten aus Manila hinwegfegt. Stattdessen ist sein Krieg vor den Türen der Wellblechhütten angekommen.

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4 Kommentare

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  • Jose Diokno? Meinem Wissensstand nach ist er seit 1987 tot. Wer ist der im Artikel genannte Jose Diokno oder ist es ein Name der von der Redaktion nur genutzt wurde? Danke für eine Antwort.

    • Sven Hansen , Autor , Auslandsredakteur (Asien)
      @AnaVil:

      Der zitierte Jose Diokno lebt und ist einer der bekanntesten/erfolgreichsten Menschenrechtsanwälte der Philippinen (https://en.wikipedia.org/wiki/Jose_Manuel_Diokno). Der verstorbene Jose Diokno ist der Vater des im Artikel erwähnten Diokno, er starb 1987. Mfg Hilja Müller

  • Wer mit Drogen handelt, bringt anderen Menschen den Tod. Für Geld. Das ist wie der perfekte Kapitalismus. Wenn dann im brutalen Staat die Lösung gesehen wird, ist das quasi der Rückschritt in eine Feudalordnung.

     

    Am Ende kommt es darauf an, welcher Ansatz zu weniger Opfern und damit mehr Sicherheit für die Bürger führt. Es gibt da wohl keine perfekten Ansätze, aber das Land ist ja eine Demokratie.

  • "Krieg den Hütten, Friede den Palästen."

    Weltweites Motto.

    Die globalen Eliten sowie die Regierungen hängen dem "Kleinen Mann"

    und den Armen sowieso, den Brotkorb immer höher!