Kriegsverbrechen in Darfur: Gericht stellt Ermittlungen ein
Der Internationale Strafgerichtshof hat die Ermittlungen zu den Kriegsverbrechen in Darfur gestoppt. Der UN-Sicherheitsrat habe diese zu wenig unterstützt.
NEW YORK afp | Die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) stoppt die Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in der sudanesischen Krisenregion Darfur. „Ich habe keine andere Wahl, als die Ermittlungen in Darfur einzufrieren“, sagte Fatou Bensouda am Freitag. Sie kapitulierte angesichts fehlender Unterstützung vom UN-Sicherheitsrat. Das Gremium habe sich nicht ausreichend für die Verhaftung des sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir eingesetzt, kritisierte sie.
Der IStGH hatte 2009 und 2010 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit Haftbefehle gegen al-Baschir verhängt. Dessen ungeachtet konnte der seit 25 Jahren amtierende Staatschef aber in mehrere Länder reisen. Bensouda sagte, der UN-Sicherheitsrat müsse seine Haltung zur Festnahme Verdächtiger „radikal“ verändern. Ansonsten werde es „in naher Zukunft wenig oder nichts zu berichten“ geben.
Anfang 2003 begann in der westsudanesischen Region Darfur ein Aufstand nicht-arabischer Bevölkerungsgruppen gegen die Regierung in Khartum. Diese setzte Reitermilizen gegen die Aufständischen ein. Durch die Gewalt in der Region wurden mehr als 300.000 Menschen getötet und zwei Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Bensouda zufolge gab es in diesem Jahr eine neue Massenflucht. Der UN-Sicherheitsrat ist beim Thema Darfur gespalten. Einige Mitglieder vertreten die zurückhaltende Linie Chinas, eines engen Verbündeten des Sudan.
Bensouda sprach auch jüngste Anschuldigungen von Massenvergewaltigungen an. Sudanesische Soldaten sollen Ende Oktober in einem Dorf in der Provinz Nord-Darfur 200 Frauen und Mädchen sexuell misshandelt haben. Diese Vorfälle „müssten den Sicherheitsrat schockieren und eine Reaktion auslösen“, sagte die aus dem westafrikanischen Gambia stammende Chefanklägerin.
Die Regierung in Khartum hatte Ermittlungen zu den Vorwürfen zunächst behindert. Als dann doch Vertreter der gemeinsamen Truppe von Afrikanischer Union und UNO (Minuad) in das betreffende Dorf kamen, fanden sie keine Beweise. Laut einem vertraulichen Minuad-Bericht waren die Dorfbewohner vor dem Besuch massiv eingeschüchtert worden. Khartum weigert sich, eine neue Untersuchung zuzulassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!