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■ Kriegskaspers Raushalten

„Ich halte mich bei dem Thema komplett heraus“, sagt Harald Schmidt, vom Spiegel auf den Krieg im Kosovo angesprochen. Keine schlechte Haltung – weit angenehmer jedenfalls als das Gezeter der medialen Tränendrüsen- und Trommelfeuer-Brigadiers, die jetzt zu Hunderten wie kleine Atompilze aus dem Boden schießen. Wie ja Harald Schmidt, wenn er gut ist, überhaupt besser ist als sein Ruf – den er sich allerdings mit McDonald's-WM-Studios und der Beteiligung am Dietl-Ferres-Gottschalk-Late-Show-Eigenhype dann doch immer wieder selbst einbrockt.

Leider hält sich Schmidt nicht an seine eigene Maxime vom Raushalten. Nur zehn Spiegel-Zeilen weiter sagt er sie dann doch, seine „Meinung zum Kosovo-Krieg“, die sich der arme Mann „mühsam aus Zeitungen und durch wildes Zappen zusammengebastelt“ hat. Und die geht dann so: „Ich folge dem alten General Schmückle, daß dieser Krieg nicht aus der Luft zu gewinnen ist, daß er aber gewonnen werden muß, damit die Nato glaubwürdig bleibt.“ Wie sang Bob Dylan schon vor 30 Jahren: Glaubwürdigkeit is just a Schor-lemmer-word.

Schmidt, der sich im selben Interview zu Recht über „nur noch Kriegsexperten in der SPD“ mokiert, hat selbst eine Scharping-kompatible Kriegsexpertise parat: „Über kurz oder lang geht es meiner Meinung nach nicht ohne den Einsatz von Bodentruppen.“ Dabei wollte er sich doch raushalten, sogar komplett, aber dann hat ihn doch das Wolfgang-Niedecken-Syndrom ereilt: kein Gedanke, aber doch immer eine mehrheitsfähige Meinung: Bodentruppen ja – aber kritisch! Schmidt weiß selbst, wieviel solches Zeug wert ist: „Ich bin heilfroh, daß ich das niemandem erläutern oder begründen muß, aber ich glaube, daß es so ist.“ Wenn das Glauben helfen muß, ist es für gewöhnlich zappenduster im Kopf. Aber dafür heilfroh ums Herz? Hübsch zwar und nahezu klassenkämpferisch stichelt Schmidt gegen Uli Hoeneß, der den Krieg nutzt, um durch Spenden sein öffentliches Ansehen zu verbessern. „Allein schon der Begriff Privatvermögen“, bösbockt Schmidt. Es hilft ihm nichts. Wer es nicht fertigbringt, sich abseits der deutschen Volksgemeinschaft zu stellen, der wird – zumal in Kriegszeiten – von ihr geschluckt. Und läßt sich schlucken: „Wenn der Krieg länger geht,“ sagt Schmidt zum Schluß, „wird sich die Frage der Solidarität mit unseren Jungs im Kosovo stellen.“ So ist das: Wer sich solche Fragen stellt, dem stellen sich solche Fragen. Und wer von „unseren Jungs“ spricht, soll auch mit ihnen zur Hölle gehen – notfalls als Kriegskasper: Laßt mich hier liegen, Jungs, es ist nur ein Kratzer ... Wiglaf Droste

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