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Krieg in DarfurHilflose Helfer

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Jeder Tag zählt bei der Hungerhilfe in Sudan. Aber die Ursachen des Elends lassen sich nur auf der politischen Ebene angehen.

Hungernde Menschen warten auf ein kostenloses Frühstück in Omdurman Foto: Mohamed Khidir/picture alliance

D rei Wochen ist es her, dass UN-Experten in Sudan erstmals eine Hungersnot feststellten – die nur sehr selten ausgerufene allerhöchste Kategorie des Hungerns im UN-Klassifizierungssystem, das humanitäre Helfer weltweit anwenden. Erst jetzt sind die ersten UN-Lastwagen seit Monaten mit Lebensmitteln aus Tschad über die Grenze in die betroffene Region Darfur gelangt. Die Lage dort ist sicherlich inzwischen schon viel schlimmer als vor drei Wochen. Wer sich damals am Rande des Hungertodes befand, lebt inzwischen nicht mehr. Dafür werden sich viele andere Menschen jetzt in noch größerem Elend befinden. Jeder Tag zählt.

Die Grenzöffnung aus Tschad nach Darfur ist ein begrüßenswerter Fortschritt. Aber schon dass zwischen der amtlichen Ankündigung der Grenzöffnung und der tatsächlichen Öffnung der Grenze fünf Tage vergingen, dürfte Menschenleben gekostet haben. Eilig haben es die sudanesischen Militärmachthaber, die fast 2.000 Kilometer von Darfurs Hungergebieten entfernt in Port Sudan am Roten Meer residieren, offensichtlich nicht. Sie nehmen auch nur widerwillig an den von den USA eingerichteten Gesprächen in Genf teil, bei denen es aktuell in erster Linie um „humanitäre Korridore“ und besseren Zugang zu Sudans Notleidenden geht.

Ihre Gegenseite, die für Massenmorde und Massenvertreibungen verantwortliche RSF-Miliz, schert sich genausowenig um Menschenleben. Die humanitären Zusagen, die die internationalen Vermittler den beiden Kriegsparteien abzuringen versuchen, haben sie beide schon mehrfach gemacht und dann immer wieder einfach ignoriert.

Eine Hungersnot mag in erster Linie ein humanitäres Problem sein, aber die Lösung der Probleme, die zur Hungersnot geführt haben, ist in erster Linie auf der politischen Ebene zu suchen. Humanitäre Helfer tun, was sie können, aber Hilfslieferungen können den Krieg nicht beenden. Der dafür nötige politische Wille existiert momentan nicht. Niemand zwingt Sudans Warlords, ihre Bevölkerung zu töten. Es zwingt sie leider auch niemand, sie am Leben zu lassen.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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3 Kommentare

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  • Es gibt im Sudan keine politische Lösung, nur eine militärische Lösung. Das sind uns die hungernden Sudanesen einfach nicht wert.

  • Danke für den Lagebericht, Herr Johnson. Die Krise in Darfur ist tatsächlichein erschütterndes Beispiel für das Versagen politischer Strukturen und die Skrupellosigkeit der Warlords. Während die internationale Gemeinschaft sich bemüht, humanitäre Hilfe zu leisten, bleibt letztlich wie Sie auch schreiben die politische Lösung der Schlüssel zur Beendigung des Elends. Aber...

    Warum keine Einrichtung eines internationalen Tribunals zur Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit?

    Warum keine verstärkten Sanktionen gegen die Führer der RSF-Miliz und anderer verantwortlichen Akteure?

    Einfach ein Drama.

    • @alxffm:

      "Warum keine Einrichtung eines internationalen Tribunals zur Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit?"

      Weil niemand diese Leute verhaften will, denn das ginge nur durch eine "robuste", d. h. blutige Militärintervention.

      Warum keine verstärkten Sanktionen gegen die Führer der RSF-Miliz und anderer verantwortlichen Akteure?

      Die Akteure im Sudan sind gegen Sanktionen immun, da sie nichts zu verlieren haben. Nicht existierende Wirtschaftsbeziehungen kann man nicht einstellen.