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Krieg im JemenUnappetitlich und widerlich

Jannis Hagmann
Kommentar von Jannis Hagmann

Der Krieg im Jemen muss endlich aufhören. Und er kann es. Was es braucht, ist Druck auf die Hauptverantwortlichen in Riad und Teheran.

Wenige Hilfsgüter erreichen ein Camp für vertriebene Menschen am Stadtrand von Sanaa, Jemen Foto: Khaled Abdullah/reuters

E in hungerndes Kind. Dünne Ärmchen, dünne Beinchen. Zarte Rippen unter transparenter Haut. Sauerstoffmaske im Gesicht, Verbände am ganzen Körper. Das war es, was das Foto zum letzten Jemenartikel in der taz zeigen sollte. „Zu krass“, hieß es von den Redaktionskollegen. Das Bild des jemenitischen Fotografen Hani Mohammed wurde ausgetauscht. Nun schaut eine gut ernährte Frau traurig in die Kamera.

Klar, zu Grunde gehungerte Kinder will man nicht sehen, niemand von uns, schon gar nicht zum Frühstück. Was im Jemen geschieht, ist zutiefst unappetitlich, ja regelrecht abstoßend. Aber es ist Realität, seit Jahren.

Am Montag hat die Staatengemeinschaft erneut 1,7 Milliarden US-Dollar an Spenden eingesammelt – damit ein paar weniger Kinder an Hunger sterben, oder an Durchfall, oder an Fieber. Damit vielleicht der Beinstummel eines Kindersoldaten desinfiziert wird, der auf eine Mine getreten ist. Damit ein paar Frauen doch noch einen Kaiserschnitt bekommen. Der kostet im Jemen viermal so viel wie eine natürliche Geburt, viel zu teuer für viele Familien.

Immerhin: Ein bisschen weniger pervers war die diesjährige UN-Geberkonferenz im Vergleich zum vergangenen Jahr. Diesmal waren die Schweiz und Schweden Gastgeber. 2020 war es Saudi-Arabien, also das Land, das den Jemen seit 2015 zugrunde gebombt hat – mit viel zu wenig Rücksicht auf „zivile“ Kollateralschäden, die zum Beispiel passieren, wenn man Kampfjets auf Hochzeitsfeiern, Schulen oder belebte Marktplätze ansetzt.

Dass Saudi-Arabien nicht nur zerstört, sondern auch hilft, ist wichtig. Die diesjährigen 430 Millionen Dollar aus Riad sind unverzichtbar für die Hilfsorganisationen im Jemen. Und um fair zu sein: Saudi-Arabien ist nicht nur Täter, sondern auch Opfer. Jemens Huthis, die vom Iran unterstützt werden, schicken regelmäßig Raketen über die Grenze, auf Flughäfen, auf Ölanlagen. Letztens flog eine bis nach Jeddah. Dagegen dürfen sich die Saudis wehren. Nichts aber rechtfertigt den Krieg gegen Jemens Zivilbevölkerung.

Frieden an den Irandeal koppeln

Für Hunger und Leid im Jemen tragen zwei externe Akteure die Hauptverantwortung: Saudi-Arabien und der Iran. Wie in jedem Krieg spielen auch interne Konfliktdynamiken eine Rolle, aber wenn Riad und Teheran wirklich wollten, ließe sich die Katastrophe im Jemen beenden.

„Dieser Krieg muss aufhören“, hat Joe Biden gesagt. Ja, das muss er. Und das kann er. Was es dafür braucht, ist Druck auf Saudis und Iraner gleichermaßen. Ein gangbarer Weg wäre, den Streit um die Wiederbelebung des Atomabkommens mit dem Iran an Fortschritte in den Friedensbemühungen im Jemen zu koppeln: kein neuer Atomdeal ohne konstruktive Zusammenarbeit Teherans im Jemen.

Die Gegner des Atomdeals haben gefordert, dass der Iran seine Terrorpolitik in der Region einstellt, Stichwort Hisbollah im Libanon und iranische Milizen in Syrien. Das wäre schön, ist aber unrealistisch. Die Huthis im Jemen dagegen sind für den Iran weniger bedeutsam. Hier ließe sich etwas erreichen. Es wäre ein Kompromiss, aber einer, der im Jemen zehntausende Leben retten würde.

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Jannis Hagmann
Redakteur Nahost
ist Redakteur für Nahost & Nordafrika (MENA). Davor: Online-CVD bei taz.de, Volontariat bei der taz und an der Evangelischen Journalistenschule Berlin, Studium der Islam- und Politikwissenschaft in Berlin und Jidda (Saudi-Arabien), Arabisch in Kairo und Damaskus. Er twittert unter twitter.com/jannishagmann
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6 Kommentare

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  • saudi-arabien ist in hohem ausmass von öl-exporten abhängig.würde der regierung dieses schurkenstaates unmissverständlich signalisiert dass sie kein öl mehr auf dem weltmarkt verkaufen wird wenn der krieg im yemen nicht aufhört so würde dieser krieg aufhören-eine andere sprache als diese wird saudi-arabien vermutlich nicht verstehen.



    es dreht seit vielen jahren an den gewaltspiralen in der region



    und hat jahrzehntelang den terrorismus gefördert oder dessen förderung zugelassen

    saudi-arabien hat auch sehr viel geld in westlichen ländern investiert.würden seine auslandsinvestitinen eingefroren ,so könnte es auch auf diesem wege zu einer änderung seiner im hinblick auf frieden und sicherheit dysfunktionalen politik gezwungen werden.

  • 2G
    20104 (Profil gelöscht)

    An der Stelle, Werbung für eine der ganz wenigen Hilfsorganisationen vor Ort:



    Médecins Sans Frontières/Doctors Without Borders

    www.youtube.com/watch?v=rZJEWWlMat0

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Die Gegner des Atomdeals haben gefordert, dass der Iran seine Terrorpolitik in der Region einstellt, Stichwort Hisbollah im Libanon und iranische Milizen in Syrien. Das wäre schön, ist aber unrealistisch. Die Huthis im Jemen dagegen sind für den Iran weniger bedeutsam.""



    ==



    Die Unterstützung der Huthis durch Millizen und Waffen der schiitischen islamistischen iranischen Revolutionsgarden folgt dem gleichen Prinzip wie die Gründung der Hizbollah im Libanon und die Vereinnahmung der Alewiten in Syrien durch den iranischen Gottesstaat.

    Hizbollah entwickelte sich im Libanon während des 15 Jahre anhaltenden Bürgerkrieges zur stärksten Militärmacht stationiert in der Bekaa Ebene indem sie sich als Schutzmacht der im Libanon lebenden Schiiten profilierten. Das gleiche Prinzip entwickelt sich in Syrien -- da die Bevölkerungsgruppe der Alewiten, zu denen auch das Assadregime gehört, eine absolute Minderheit in der syrischen Gesellschaft aber mit 100% Machtanspruch darstellt. Syrien ist darüber hinaus interessant weil eine zweite militärische Front gegen Israel gebildet wird - und der Yemen ist für den Gottesstaat das bevorzugte Einfallstor auf die arabische Halbinsel im Kampf gegen SaudiArabien.

    Der Gottesstaat Iran sieht seine Ausbreitung von Teheran über Bagdad, Damaskus bis Beirut als eine existenzielle Frage des Überlebens da die Schiiten in der islamischen Glaubensgemeinschaft die absolute Minderheit darstellen.

    Das Prinzip Bürgerkrieg der Huthis mit iranischer Unterstützung ist also das gleiche Prinzip, welches erfolgreich im Libanon zum Rückzug der USA führte und zum Aufstieg der Hizbollahis zu einer potenten Militärmacht am Mittelmeer welche durch schiitische Milizen aus vielen Ländern auch in Syrien zu einem Heimstaat für Schiiten im Kampf gegen Israel ausgebaut werden soll.

    Daran hält der Iran fest - siehe das iranische Taktieren in der Atomfrage.

  • Mir fehlt hier die Begründung, warum der Joint Comprehensive Plan of Action denn überhaupt ein Hebel sein könnte, Iran zu irgendetwas zu bewegen.

    Das Abkommen selbst war ja schon ein Hebel, um Iran von der Nuklerarüstung abzubringen im Austausch gegen weniger Sanktionen.



    Das hat "der Westen" in Gestalt der USA einfach so vom Tisch gewischt.



    Warum sollte Iran nun bereit sein, zu gleichen Konditionen mehr zu leisten als beim ersten Anlauf?

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @metalhead86:

      Den Westen gibt es in dieser Frage nicht - es war Trump im Gegensatz zu den 4 anderen Unterzeichnern des Vertrages.

      2.. Ob UK heute noch nach dem Brexit zu seiner Unterschrift unter den JCPA steht ist zumindest zweifelhaft.

      3.. ""Warum sollte Iran nun bereit sein................................................""

      Die Situation ist nicht mehr die gleiche wie 2015 während des Abschlusses des Vertrages u. A. deswegen weil der Iran seine militärische Macht in Syrien gegen Israel ausbaut. Desweiteren wäre der Vertrag sowieso 2025 ausgelaufen - ohne Einfluss auf die iranischen Mittelstreckenraketen die auch Europa erreichen können.

      Was bleibt ist die Stärkung der Gegner im Kampf um die Vorherrschaft im Nahen Osten - weil Sanktionen durch China und RF hintertrieben werden.

  • Mit Verlaub,



    die Kernaussage des Artikels ist Quatsch.



    Die Hauptverantwortlichen für diesen Krieg und seine katastrophalen Folgen (von Akteuren im Jemen selbst abgesehen) sind auf Rang 1 in der Tat Saudi Arabien, aber genauso die USA, Rang 2 teilen sich Großbritannien und die Vereinigten Arabischen Emirate, endlich auf Rang 3 auch der Iran, aber mit ihm gleichauf die EU. Wer die meisten Hauptverantwortlichen einfach ausblendet, zeichnet ein völlig falsches Bild.