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Krieg gegen Ugandas LRA-RebellenRatlos im zentralafrikanischen Busch

Uganda, Kongo, Südsudan und die Zentralafrikanische Reeublik jagen gemeinsam die berüchtigte ugandische Rebellenbewegung LRA. Ohne Erfolg.

Vor der LRA geflohen: Eine Frau in einem Wald nahe Ngalima im Nordkongo. Bild: reuters

Der Teakwald auf beiden Seiten des rotstaubigen Weges ist undurchsichtig wie eine Mauer. Ab und zu öffnet sich die grüne Wand und gibt den Blick frei auf Lehmhütten mit Strohdächern, umgeben von kleinen Feldern. Kein Mensch ist zu sehen. Die Einwohner sind auf der Flucht.

Immer öfter überfallen Banden der ugandischen Rebellenbewegung LRA (Widerstandsarmee des Herrn) im Südsudan Dörfer nahe der Grenze zum Kongo und zur Zentralafrikanischen Republik. Sie töten, plündern und entführen. "Über 20 Jahre war im Sudan Krieg zwischen Nord und Süd, und ich bin nie geflohen", erzählt die Bäuerin Margaret Kimona. "Jetzt ist im Südsudan Frieden. Aber ich muss fliehen – vor der LRA."

Die Terrorbewegung, die sich 2006 aus Uganda in den Kongo zurückzog, operiert in kleinen Gruppen. Mehrere hundert Menschen im Südsudan wurden bereits getötet oder verschleppt, in den Provinzen West- und Zentral-Equatoria flohen über 80.000. Viele suchen Schutz in Yambio, Hauptstadt von West-Equatoria – eben auch Margaret Kimona.

"Wir hörten keine Schüsse, nur das Schreien des Nachbarn, als er mit Macheten ermordet wurde", erinnert sich die 39-Jährige. "Wir wussten, dass die LRA in der Gegend war und flohen in den Wald." Mit ihren vier Kindern sah sie, wie alle Häuser in ihrem Dorf Sakure brannten. Beim ersten Tageslicht zogen sie nach Yambio, 40 Kilometer östlich. Die Frau traute sich nicht, nachzusehen, ob sie noch etwas retten könnte.

Die LRA, deren Führer Joseph Kony vom Internationalen Strafgerichtshof mit Haftbefehl gesucht wird, entzieht sich allen Zerschlagungsversuchen. Nach einem ugandischen Großangriff auf das LRA-Hauptquartier im Garamba-Nationalpark im Kongo an der Grenze zu Südsudan im Dezember 2008 nahm sie blutige Rache: An Weihnachten 2008 töteten LRA-Kämpfer im kongolesischen Faradje 143 Menschen in einer Kirche. Dann zerstreuten sich die LRA-Einheiten und machten weite Gebiete Nordostkongos unsicher. Hunderttausende flohen.

Inzwischen haben sich die Rebellen Richtung Norden zurückgezogen, in die Zentralafrikanische Republik. Dort kommt es immer öfter zu Überfällen, Hilfswerke ziehen sich jetzt in die Hauptstadt Bangui zurück. Die Armeen Ugandas, Kongos und der Zentralafrikanischen Republik sowie die im Südsudan regierende frühere Rebellenbewegung SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) jagen sie – ohne Erfolg.

Der verantwortliche LRA-Kommandant für den Angriff auf Faradje, Charles Arop, kam vor kurzem aus dem Busch und ergab sich den ugandischen Truppen. "Kony ist ohne Hoffnung und versucht, nach Darfur zu kommen", behauptete er in einem Interview. Der LRA-Führer suche Hilfe von Sudans Regierungsarmee. Bestätigung gibt es dafür nicht, aber es passt zur Wahrnehmung Ugandas und der SPLA, dass Sudans Zentralregierung in Khartum schuld ist.

Peter Ucholla Ayo, Minister für Viehzucht in der südsudanesischen Provinz West-Equatoria, glaubt, dass die Regierung in Khartum die LRA noch heute benutzt, um den Südsudan zu destabilisieren. "Wir haben Händler aus dem Norden verhaftet, die Waffen und Munition in ihren Lastern versteckt hatten", weiß er. Aber er weiß nicht, wo die verhafteten Händler sind oder die beschlagnahmten Waffen.

Sicher ist: Die SPLA hat Angst. Sie überlässt den Kampf gegen die LRA der Armee Ugandas. Auch die UN-Mission im Südsudan (Unmis) tut wenig. Sie sagt, sie habe dafür kein Mandat.

Michael Abas, geflohen aus dem Dorf Gangura, zehn Kilometer von Yambio entfernt, ist sehr deprimiert. Er, seine zwei Frauen und sechs Kinder haben zwar den Angriff der LRA überlebt, aber er musste seine Äcker zurücklassen, kurz vor der Ernte. Er ist Mitglied der "Arrow Boys", eine Selbstverteidigungsmiliz, die sich jetzt in den meisten Dörfer entlang der Grenzen gebildet hatte - so wie früher in Uganda.

"Als die LRA uns angriff, blieb ich in unserem Dorf. Ich bin ein Mitglied der Arrow Boys. Aber wir mussten schließlich auch fliehen, weil wir nichts ausrichten konnten mit unseren Pfeilen und Bogen gegen die LRA mit ihren Maschinengewehren."

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