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■ Israel: Präsident Weizman kritisiert Netanjahu und will NeuwahlenKrieg der Worte

Es war ein Tiefschlag, der saß. „Ich habe keinen Krieg begonnen, sondern nur eine Handgranate geworfen“, sagte der alte Haudegen. Und die explodierte mitten in Netanjahus Gesicht. Neuwahlen forderte Israels Präsident Eser Weizman, weil Netanjahu ein Trickser und Täuscher sei. Am Pranger steht Israels Ministerpräsident, weil er in den Augen des Präsidenten alles tut, um den vereinbarten nächsten Teilrückzug zu sabotieren. Aber Israels Präsident auf der Seite Arafats?

Noch immer ist der Begriff „Araberfreund“ ein Schimpfwort in Israel, und Netanjahu benutzte es prompt, um dem Präsidenten eins auszuwischen. Der Krieg der Worte wurde vorerst beigelegt. Kritik werde nur noch intern geübt, lautete gestern die spärliche Erklärung aus dem Präsidentenbüro. Wer's glaubt, wird selig.

Israels Präsident hat den Nerv des Ministerpräsidenten getroffen – seine Unentschiedenheit. Niemand weiß, was Netanjahu tatsächlich will. Vieles deutet darauf hin, daß die „Gegenseitigkeit“, die er von den Palästinensern fordert, nur eine Ausrede ist, um eigene Entscheidungen hinauszuzögern. Und um seine rechtsreligiöse Koalition zu retten. Am Ende wird Netanjahu dastehen wie ein begossener Pudel, dem weder die Rechten noch die Linken trauen können. Dieses Unbehagen hat Präsident Weizman artikuliert, als er Neuwahlen forderte.

Von der Opposition hat man schon lange keine vergleichbare Kritik gehört – und das spricht weiß Gott nicht für sie. Das rechte Lager in Israel ist derzeit dem linken überlegen. Und das hat einen Grund: Figuren wie Ehud Barak, der Führer der Arbeitspartei, stehen Netanjahu ideologisch nicht allzu fern. Solange Militärs oder engstirnige Linke, aber nicht politische Visionäre die Politik Israels bestimmen, wird sich daran nichts oder wenig ändern.

Weizman ist ein Krieger. Aber seit er die Camp- David-Verhandlungen geführt hat, weiß Weizman, daß der Friede mit den Arabern, namentlich den Palästinensern, auch israelische Zugeständnisse fordert. Vor allem territoriale. Und pacta sunt servanda: Verträge müssen eingehalten werden. Wenn Netanjahu sich den Oslo-Vereinbarungen weiterhin verweigert, riskiert er es, die Region so in ein Blutbad zu stürzen. Selbst wenn Israel dabei militärisch siegt, politisch wird es verlieren. Netanjahu ist ein Mann der Vergangenheit, nicht der Zukunft. Vielleicht ist es genau das, was Eser Weizman so sehr beunruhigt. Georg Baltissen

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