Krieg anderswo: Vertreibung aus Kirkuk
■ Alle denken an das Kosovo. Unsere Serie erinnert an Konflikte in aller Welt. Teil 38
Die Order des „streng geheimen“ Schreibens vom Juli 1998 ist unmißverständlich: Der Gouverneur von Kirkuk befiehlt die Deportation von 545 kurdischen Familien aus der Stadt.
Mit den viertgrößten Ölfeldern der Welt ist Kirkuk zentraler Streitpunkt zwischen dem irakischen Regime und den Kurden. Das Regime betreibt eine systematische Vertreibungspolitik. Betrug der kurdische Bevölkerungsanteil in Kirkuk 1959 noch etwa 50 Prozent, so liegt er heute bei kaum mehr als 20 Prozent. Die Deportation läuft mit preußischer Akribie: Der Familienvater wird zur Behörde zitiert und ihm die Arbeitserlaubnis entzogen, dann wird er aufgefordert, sich mit seiner Familie an einer Sammelstelle einzufinden. Ab jetzt ist es den Selektierten verboten, ihre Immobilien an andere Personen als in der Stadt lebende Araber zu veräußern. Wertgegenstände dürfen nicht mitgenommen worden. Ein Dekret zwingt die Deportierten zu unterschreiben, sie seien aus freien Stücken gegangen.
Wurden die Kurden zwischen 1970 und 1990 vornehmlich in den Süden deportiert, so liegt der Zielort seit 1991 in den selbstverwalteten Gebieten von Irakisch-Kurdistan, wo mehrere zehntausend Deportierte unter erbärmlichen Zuständen hausen.
Unterdessen bombardiert die Allianz aus USA, Großbritannien und der Türkei fast täglich Stellungen im Nordirak. An der Vertreibung der Kurden aus den Ölmetropolen ändert das bislang nichts. Inga Rogg
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