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■ Kricket-Fan ist nach Schußverletzung wieder obenaufMax, der Held von Johannesburg

Johannesburg (taz) – Max und Lisa, beide vermutlich 26 Jahre alt, sind derzeit Südafrikas beliebtestes Paar. Zuschriften und Spenden aus dem ganzen Land trafen ein, als Max noch das Krankenbett hüten mußte. Die Sympathie einer Gesellschaft, die von Gewaltkriminalität geschüttelt wird, in der täglich Geschichten über grausame Verbrechen die Titelseiten der Zeitungen füllen, war „Max, dem Helden“ sicher. Schließlich hatte er sich so verhalten, wie man es von einem aufrechten Familienvater erwartet: Er hatte sein Haus gegen einen bewaffneten Einbrecher verteidigt und gar dazu beigetragen, daß der Mann geschnappt wurde.

Der feine Unterschied zu Tausenden Geschichten ähnlicher Art: Max ist ein Gorilla, der im Johannesburger Zoo lebt, gemeinsam mit seiner Gorillagattin Lisa. Seit seinem Zusammentreffen mit einem flüchtenden Einbrecher ist sein Freilichtgehege zu einer Attraktion geworden. Schautafeln mit Zeitungsausschnitten, Fotos und Briefen stehen vor dem weitläufigen, halbrunden Gelände, das von einer Mauer eingefaßt wird.

„Lieber Max, Du bist sehr tapfer gewesen“, schreibt Billy in krakeliger Kinderschrift. „Werde bald wieder gesund!“ wünscht Linda ihrem „Liebling“. Ganze Schulklassen pilgern in diesen Tagen zu dem Gehege, denn jetzt sind die beiden Volkshelden erstmals wieder öffentlich zu sehen. Unbeeindruckt von dem Trubel draußen, räkelt sich Max faul im Schatten. Das Laufen fällt ihm noch ein wenig schwer. Lisa, nach Auskunft der behandelnden Tierärzte psychisch schwer angeschlagen, sucht seine Nähe.

Jedes Kind kennt nun die Lebensgeschichte der beiden Tiere. Max wurde 1972 über einen Händler vom Frankfurter Zoo angekauft und lebt seither in Johannesburg. Mit ihm zusammen kam das Weibchen Sylvia, das jedoch 1988 an einer Uterusentzündung starb. Danach, so erzählen es seine Wärter, war Max sehr einsam. Um sich die Zeit zu vertreiben, lackierte er sich die Zehennägel, sah sich Videofilme an und verfolgte Kricketturniere im Fernsehen – bis 1991 Lisa aus Moskau kam. Anfangs verstand sie nur Russisch und hatte, da sie in Käfigen aufgewachsen war, Angst vor Vögeln. Soviel Freiheit wie in Johannesburg war sie nicht gewohnt. Allerdings dürfte sie dort auch vom südafrikanischen Alltagshorror verschont geblieben sein, sich plötzlich einem Gangster gegenüberzusehen.

Das Drama trug sich vor einer Woche zu. Ein Hausbesitzer im feinen Vorort Saxonwold, nahe dem Zoo, alarmierte die Polizei, nachdem ein bewaffneter Mann in seine Villa eingedrungen war und von dort aus das Weite gesucht hatte. Verfolgt von vier Polizisten und drei privaten Wachschutzleuten, flüchtete der Einbrecher in den Zoo. Dort allerdings stand er plötzlich dem 180 kg schweren, furchteinflößenden Riesen Max gegenüber.

Was dann genau geschah, ging in einer Staubwolke unter. Der Mann schoß auf Max, er selbst wurde von der Polizei angeschossen, die Affen bissen in ihrer Panik zwei der Polizisten so schwer, daß diese gebrochene Knochen davontrugen. „Mr. M. Gorilla“ wurde flugs in die benachbarte Milpark- Klinik eingeliefert, die über die beste Traumachirurgie auf dem ganzen Kontinent verfügt. Mehrere Veterinärärzte operierten den Gorilla, ließen jedoch eine Kugel in seiner Schulter. Die Nation zitterte um ihren Helden. Nur wer genau hinsieht, kann jetzt unter zerrupftem Fell an der rechten Schulter die Wunde noch sehen.

Bei den Ermittlungsbehörden läuft der Fall gegen den 28jährigen Täter übrigens unter dem Namen „Monkey Gorilla“, weil der Mann sich weigerte, seine Identität preiszugeben. Kordula Doerfler

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