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Kraut & Rüben neu gestylt

■ Doppelte Verkaufsfläche, gleiches Sortiment, helle Wände und Vollholz-Ausstattung

Nicht Müsli und Möhren, sondern Tapete und Zollstock, Hobel und Späne - und entkorkte (leere) Champagnerflaschen sind seit Donnerstag im Schaufenster von Kraut & Rüben, Bremens erstem Bio-Laden, zu bestaunen. Das liegt nicht nur daran, daß es dort baubiologischer Farben und Kleister, Bienenwachs -Lasur und garantiert unschädliches Abtönpulver zu erwerben gibt: Nach zwei Wochen Tag- und Nachtschicht präsentiert sich Kraut & Rüben auf doppelter Verkauffläche nagelneu renoviert, pflanzenfarbengestrichen, massivholzausgestattet

-und vor allem: hell und weiß.

Weiß stimmt gar nicht. Der „Sozialdesigner“ Detlev Spahn, der zusammen mit den „Vollholz-Tischlern“ Legno Mobile (heißt 'bewegliches Holz‘) die Innenausstattung ausgedacht und gemacht hat, hat mit grobem Besen ganz zart in Pflanzenfarbe getunkt und auf den weißgestrichenen Rauhfaser -Wänden gebürstet: fast unmerklich gelb vorn, dann rötlich, zartviolett dann, wo früher der Laden zu Ende war und jetzt der Durchbruch nach hinten geschafft ist, blau hinten. Nicht etwa Jutesäcke, sondern blaßblaue Seidenvorhänge teilen Keller und Büro ab, selbstredend liegt nicht giftiges PVC, sondern Linoleum zu Füßen der KundInnen.

Im neuen Licht der Halogen- und Neonlampen und in Vollholz -Regalen präsentiert sich das gleiche Sortiment wie gehabt, nur übersichtlicher. „Wir haben keine neue Warengruppe aufgenommen“, erklärte Inhaber Robert Baier gegenüber der taz, „dazu gehören schließlich neue Kenntnisse und neues Wissen.“ Bevor ein neuer Trend - etwa Aromaduftstoffe als Therapiemittel - aufgenommen wird, geht zuerst eine aus der Ladengruppe zu einem Seminar, um sich schlau zu machen.

Aus dem Laden-Kollektiv Auf den Häfen vor acht Jahren ist ein Einzelhandelsgeschäft mit vier festen angestellten MitarbeiterInnen und einem Umschüler geworden. „Nachdem von dem alten Kollektiv nur noch ich übrig war, wollten die Neuen ökonomisch nicht mit vollem Risiko einsteigen: Sie sind Angestellte“, erklärt Baier, „wir haben aber den ganzen Umbau zusammen gemacht.“

In der Bio-Branche wird über Umsatzrückgang geklagt. „Wir bleiben stabil, wenn auch nicht über der Inflationsrate“, sagt Baier. Daß immer mehr Supermarktketten sich inzwischen ihr Bio-Eckchen eingerichtet haben, ist zwar harte Konkurrenz, aber „wir haben da kein Monopol drauf. Wir müssen eben an uns arbeiten, damit wir den Aufgaben gewachsen bleiben.“ Aufgeben wird Kraut & RÜben vielleicht sein Bio-Farben-Sortiment, weil es in Bremen inzwischen Fachgeschäfte für alternative Baumaterialien gibt. Bio -Fleisch wird es auch in absehbarer Zeit nicht geben: „Erstens sind wir nicht so auf Marktlücken fixiert, und zweitens brauchen wir dazu Fachverkäufer und Kühlanlagen. Das abgepackte Fleisch, auch wenn es von Raab kommmt, nimmt uns hier keiner ab.“ Denkbar wären als Neuerung Plastiktüten statt Papiertragetaschen, für die schließlich so mancher Baum sein Leben läßt. Robert Baier: „Das diskutieren wir.“ S.P

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