Krankes Pussy-Riot-Mitglied in Russland: Aktionskünstler vermutlich vergiftet

Piotr Wersilow, Mitglied der Punkband Pussy Riot, liegt im Krankenhaus in Moskau. Die Ärzte bezeichnen seinen Zustand als „ernst“.

Gesicht des Aktionskünstlers mit Zeigefinger an der Stirn

Piotr Wersilow von der Polit-Punk-Band Pussy Riot soll vergiftet worden sein Foto: dpa

MOSKAU taz | Der umstrittene Aktionskünstler Pjotr Wersilow ist am Dienstagabend in die toxikologische Abteilung eines Moskauer Krankenhauses eingeliefert worden. Veronika Nikulschina von der Punkband Pussy-Riot sagte dem Sender Echo Moskwy, ihr Partner habe gegen Abend seinen Gleichgewichtssinn sowie Sprach- und Sehvermögen verloren.

Zeitweise soll Wersilow nicht mehr ansprechbar gewesen sein. „Sein Leben ist in Gefahr. Wir glauben, er wurde vergiftet“, teilten Mitglieder der Gruppe Pussy-Riot mit.

Auch Ärzte in der Toxikologie der Moskauer Klinik nannten seinen Zustand „ernst“. Als Wersilow eingeliefert wurde, soll er über Krämpfe geklagt haben. Der 30jährige gab an, vorher weder etwas gegessen noch andere Mittel zu sich genommen zu haben.

Nach der Verhaftung mehrerer Mitglieder der Gruppe Pussy Riot 2012 war es auch um den provokanten Aktionskünstler mit kanadischem Pass etwas ruhiger geworden. Den Zenit erlebte Wersilow nach dem Punk-Auftritt Pussy Riots in der Moskauer Erlöser-Kathedrale im Winter 2012. Damals war er noch mit Nadeschda Tolokonnikowa verheiratet, der populären Frontfrau Pussy Riots.

Auch das oppositionelle Online-Portal „Mediazona“ rief der 30jährige mit ins Leben. Es ist inzwischen eine der verlässlicheren Informationsquellen über Entwicklungen der Zivilgesellschaft Russlands.

Bevor Wersilow mit Pussy Riot auch in und außerhalb Russlands bekannt wurde, hatte er schon mehrere spektakuläre Aktionen mit der Künstlergruppe „woina“ (Krieg) veranstaltet. Unvergessen bleibt der riesige Phallus, den die Aktionskünstler an der Unterseite einer Hubbrücke in Sankt Peterburg anbrachten. Beim Öffnen der Brücke ragte ein riesiger Phallus in die Höhe. Der Ort war in unmittelbarer Nähe des Petersburger Geheimdienstes bewusst gewählt worden.

Schnackseln im Museum, in Uniform aufs Spielfeld

Für Furore sorgte das Ehepaar Wersilow-Tolokonnikowa auch 2009 mit einer Performance in einem Moskauer Museum zum Motto „Bumsen für den Nachfolger des Bärchens“. Der öffentliche Begattungsakt galt dem damaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedjew, zu Deutsch der Bär.

Bei der Fußball Weltmeisterschaft 2018 in Russland lief Wersilow mit drei Pussy-Riot-Frauen in der Pause des Endspiels auf das Spielfeld. Sie protestierten gegen Gewalt und Willkür der Ordnungskräfte. Alle Beteiligten trugen Polizeiuniformen, mit denen sie die Kontrollen im Stadion zunächst passieren konnten.

Dennoch wurden sie festgenommen. Wersilow erhielt 15 Tage Haft. Danach verurteilte ihn ein Gericht zu einer Geldstrafe von 1.500 Rubel (20 Euro) wegen unerlaubten Tragens einer Polizeiuniform. Drei Jahre lang darf er überdies kein offizielles Sportereignis mehr besuchen.

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