Krankenhaus-Report der AOK: Der Trend zur Wirbelsäulen-OP

Die Zahl der Operationen in Kliniken ist rasant gestiegen und inzwischen auf Rekordniveau. Die Krankenkasse AOK hält viele dieser Eingriffe für unnötig.

Die gewinnträchtigen Operationen werden mehr. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer in Deutschland an Knie- oder Hüftschmerzen leidet oder Kreislaufbeschwerden hat, der läuft Gefahr, das Krankenhaus mit einem künstlichen Gelenk oder einem Katheter zu verlassen – egal, ob es medizinisch nötig ist oder nicht. Zu dem Befund kommt der „Krankenhaus-Report 2013“, den die Krankenkasse AOK und ihr Wissenschaftliches Institut WIdO am Freitag in Berlin vorstellten.

Demnach hat die Zahl der Krankenhausbehandlungen in Deutschland ein Rekordniveau erreicht, das sich „allein mit der demografiebedingten Zunahme von Erkrankungen nicht erklären lässt“, warnte der WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber.

Seit 2005 steige die Zahl der stationären Behandlungen in den rund 2.000 deutschen Krankenhäusern. Allein bis 2011 seien 1,8 Millionen Fälle hinzugekommen – das entspreche einem Plus von 11,8 Prozent. Die Zahl der jährlichen Krankenhausfälle habe damit die Rekordzahl von 18,3 Millionen erreicht. Und: „Fast 50 Prozent dieser Fallzahlentwicklung gehen auf Erkrankungen des Muskel-Skelett- und des Kreislaufsystems zurück“, sagte Klauber.

Die Zahl der Wirbelsäulenoperationen etwa habe sich bei den AOK-Versicherten zwischen 2005 und 2010 mehr als verdoppelt, auch bei Herzschrittmachern sei die Zahl der Eingriffe zwischen 2008 und 2010 um ein Viertel gestiegen. Nur etwa zehn Prozent des Anstiegs seien jedoch auf die zunehmende Zahl älterer Menschen zurückzuführen. Und: Bei Gelenks- und Skelettoperationen habe Deutschland schon zuvor „auf einem internationalen Spitzenplatz“ rangiert, kritisierte Klauber.

Bei der Ursachenforschung stieß die AOK auf interessante Zusammenhänge: Auffällig sei, dass die Zahl der stationären Behandlungen vor allem in solchen Bereichen zugenommen habe, die wirtschaftlichen Gewinn versprächen, sagte der AOK-Vorstand Uwe Deh. Die Menge der Leistungen nutze also weniger den Patienten als den Kliniken.

Kliniken halten Kritik für Quatsch

Vor der Ökonomisierung der Medizin zu Lasten des Patientenwohls hatte kürzlich sogar die Fachgesellschaft der Chirurgen gewarnt – und gefordert, Operationsmenge und ärztlicher Bezahlung zu entkoppeln. Die schwarz-gelbe Koalition überlegt, die Krankenhäuser demnächst zur Offenlegung von Chefarzt-Boni zu verpflichten.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) dagegen hält solche Kritik für Quatsch. Die Zunahme an Leistungen erkläre sich demografisch, durch die Krankheitsentwicklung sowie durch den medizinischen Fortschritt, erklärte der Verbandspräsident Alfred Dänzer.

AOK-Vorstand Uwe Deh forderte zudem, den Kassen müsse es möglich sein, „nachweislich schlechte Qualität nicht mehr zu bezahlen“. Denn auch die Qualität der Häuser untereinander unterscheide sich stark. So hatte die AOK in 614 Krankenhäusern Komplikationen nach Katheter-Operationen verglichen. Das Ergebnis: Während es in 74 Kliniken bei weniger als 5 Prozent der Katheterpatienten zu einem Problem kam, lag die Rate in 37 Häusern bei mehr als 15 Prozent.

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