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Krank gemeldete MitarbeiterinFrau wegen Facebook-Besuch gekündigt

In der Schweiz verlor eine Angestellte ihren Job, weil sie sich trotz Krankschreibung im sozialen Netzwerk Facebook blicken ließ - und vom Arbeitgeber dabei erwischt wurde.

Begründung der Entlassung: Wer surfen kann, kann arbeiten. Bild: dpa

BERLIN taz | Wenn von Entlassungen im Zusammenhang mit Diensten aus dem Bereich des Mitmachnetzes die Rede ist, geht es zumeist um für den Arbeitgeber unangenehme Äußerungen - so sind Fälle bekannt, in denen sich Angestellte negativ im eigenen Blog über den Job äußerten oder rückverfolgbar schlechte Kommentare zur eigenen Firma in sozialen Netzwerken hinterließen. Dass man allein für die bloße Nutzung eines Web 2.0-Dienstes die Anstellung verlieren kann, kommt dagegen bislang eher selten vor - außer die Dienstanweisung verbietet es konsequent.

In der Schweiz kam es nun zu einem entsprechenden Fall - mit der Verkomplizierung, dass die betroffene Angestellte einer Basler Versicherung dem Facebook-Spaß sogar außerhalb der Firma frönte. Wie die Zeitung "20 Minuten" berichtet, kam es zu dem unangenehmen Ereignis bereits im November vergangenen Jahres. Frau B. habe sich wegen Migräne einen Tag lang krankschreiben lassen. Eine Woche später wurde sie dann zu ihrem Chef zitiert, der ihr fünf Minuten Zeit gab, ihre Sachen zu packen und das Unternehmen zu verlassen. Begründung: Sie habe an ihrem Fehltag das populäre soziale Netzwerk Facebook besucht. "Wer dies kann, kann auch arbeiten", so die Versicherung. Dabei habe die Angestellte doch angegeben, aufgrund ihrer Migräne nur im Dunkeln liegen zu können.

Frau B. ist sich unterdessen keiner Schuld bewusst und wirft ihrem Arbeitgeber vor, ihr sogar nachspioniert zu haben. So habe sie einer ihr unbekannten Frau, die ihr mitgeteilt hatte, sie vom Fasching zu kennen, Zugriff auf ihr Profil erteilt, sie zur Freundin gemacht. Die müsse es wohl gewesen sein, die letztlich der Firma weitertrug, dass sie sich auf Facebook umgetan hatte. Zumindest konnte B.s Chef mit entsprechenden Auszügen aus ihrem Account "umherwedeln", wie "20 Minuten" weiter berichtet. "Ein Freund warnte mich noch, Kontakte anzunehmen, die ich nicht sicher kenne", so B. Irgendjemand aus der Firma habe ihr offenbar mit Hilfe dieses Kontakts nachspioniert. Deshalb sei für sie auch das Vertrauen in den Arbeitgeber zerstört.

Der sieht das ähnlich - nur umgekehrt. Die Facebook-Nutzung an sich habe nicht zur Beendigung des Arbeitsvertrages geführt, so die Versicherung in einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur "Reuters". Stattdessen gehe es um den Vertrauensmissbrauch, den die Frau begangen habe, indem sie erzählte, in dunklen Räumen liegen zu müssen, obwohl sie bei Facebook surfte. Auch Spionage will man nicht begangen haben. Stattdessen sei ein Kollege B.s auf ihre Aktivitäten bei dem sozialen Netzwerk gestoßen.

Im deutschen Arbeitsrecht scheint es nicht ganz so streng zuzugehen wie in der Schweiz. Hier gilt grundsätzlich, dass ein krankgeschriebener Arbeitnehmer seine Heilung nicht gefährden darf. Das dürfte mit dem Surfen in einem sozialen Netzwerk noch nicht unbedingt der Fall sein, wobei die schweizerische Unglücksnutzerin ausgerechnet wegen Problemen bei Bildschirmarbeit ihr Attest erhalten hatte. Da half es auch wenig, dass sie angab, ihr am Bettrand liegendes iPhone zum "facebooken" genutzt zu haben.

Die Trennung zwischen beruflicher und privater Nutzung sozialer Netzwerke wird unterdessen immer schwieriger. So veröffentlichte die "New York Times" erst kürzlich eine Art Web 2.0-Knigge, in der sie unter anderem empfahl, beispielsweise unangenehme Kontakte freundlich abzulehnen und sich darum zu bemühen, sich und dem Arbeitgeber im Internet möglichst keine Blöße zu geben.

Journalisten einer Zeitung des US-Großverlags Gannett wiederum erhielten kürzlich eine Dienstanweisung, in der stand, dass das Surfen auf Facebook, Twitter und Co. in der Arbeitszeit grundsätzlich zu unterbleiben habe. Das entsprechende Memo machte im den Blogs besonders schnell die Runde, weil es nicht einer gewissen Absurdität entbehrt: Gelten Web 2.0-Angebote doch zunehmend als nützliche Arbeitsmittel für Reporter und Redakteure, um mit Lesern in Kontakt zu treten oder neue Ideen für Geschichten zu finden. Manchmal ist das Mitmachnetz eben einfach nur Arbeit.

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