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Kramp-Karrenbauer und DienstpflichtNicht mehr als Populismus

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer schlägt mal wieder einen Zwangsdienst für junge Menschen vor. Die werden sich schön bedanken.

Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesverteidigungsministerin Foto: Monika Skolimowska/dpa

Seit 2011 die allgemeine Wehrpflicht und mit ihr der Zivildienst abgeschafft wurde, müssen Schulabgänger eines nicht mehr in die Lebensplanung einbeziehen: den staatlichen Zugriff auf wertvolle Lebenszeit. Es gab gute Argumente gegen die Abschaffung der Dienstpflicht. Dass die regelmäßige Zufuhr von Zivilisten der Bildung einer Parallelgesellschaft in der Bundeswehr vorbeugte zum einen. Oder dass Zivildienstleistende nicht nur unverzichtbar für die Grundversorgung im Sozial- und Pflegebereich waren, sondern auch dort für Abwechslung, frische Luft und eine informelle Öffentlichkeit sorgten.

Alles schön und gut, aber seit acht Jahren ist das definitive Vergangenheit. Diese wieder zurückholen zu wollen, ist sicher ein hübsches Projekt für konservative Hinterbänkler, die sich im Sommerloch ihr Quäntchen Medienaufmerksamkeit holen wollen. Es ist aber November und die Vorsitzende der CDU bringt die Dienstpflicht wieder ins Gespräch. „Für mich ist es auch ein zutiefst bürgerlicher Gedanke, seinem Land und der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen“, begründet Annegret Kramp-Karrenbauer diesen Schritt. Um die Bindung des Bürgers an den Staat geht es ihr, um den „Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält“. Der Zwangsdienst als staatsbürgerliche Ertüchtigung also. Dieses Mal soll es alle treffen, nicht nur die wehrtauglich geschriebenen jungen Männer.

Aus dem Off sekundiert Siegmar Gabriel bei Twitter: „70 Jahre (oder mehr) tut die Gesellschaft was für uns. Warum nicht 1 Jahr etwas für die Gesellschaft tun?“ Ja, warum eigentlich nicht? Und warum nur ein Jahr? Als wenn niemand arbeiten und Steuern zahlen müsste. Das Zwangsverhältnis der Lohnabhängigkeit, dem die meisten Menschen unterworfen sind, blendet der ehemalige Vorsitzende der ehemaligen Arbeiterpartei also einfach aus und schließt sich gewohnt tapsig dem gouvernantenhaften Ringelreihen von Kramp-Karrenbauer an.

Wenn irgendwo ein Mietendeckel beschlossen wird, wird ja zügig das Gespenst der DDR vom Dachboden geholt. Kaum aber kramt jemand die bizarre, zutiefst autoritäre Idee hervor, dass Bürger*innen dem Staat etwas anderes als die Befolgung ziviler Gesetze und einer gewissen Steuerdisziplin irgendetwas schulden, entdeckt sogar die CDU ihre innere SED. Man scheint bereit, ganz frei nach Brecht, die verantworungslose Jugend einfach aufzulösen und sich eine neue zu wählen.

Höhere Löhne statt Pflicht

Bestätigt sehen sich Kramp-Karrenbauer und Gabriel sicher durch die gelegentlichen Umfragen, die eine große Mehrheit in der deutschen Bevölkerung für eine Dienstpflicht entdeckt haben wollen. Kein Wunder, die Angst vor den häufig katastrophalen Zuständen in der Pflege schlägt bei der immer älter werdenden Mehrheitsbevölkerung in Panik um. Und das zu Recht. Nun könnte man den entsprechenden Berufen doch mehr Wertschätzung, nicht zuletzt durch anständige Tariflöhne entgegenbringen und als Gesamtgesellschaft die Finanzierung und Organisation der Herkulesaufgabe stemmen. Statt dessen wird es für zielführender gehalten, Menschen gegen ihren Willen zu rekrutieren, wozu ganz nebenbei eine Verfassungsänderung und die Freisetzung erheblicher Ressourcen nötig wäre. Wer's glaubt wird selig und hat noch nie versucht, ein Pflegebett zu beantragen. Da hilft nämlich auch kein Zivi.

Vorschläge zur Dienstpflicht sind letztlich nichts als Populismus. Recht billiger noch dazu, denn eine Umsetzung ist zu höchst unwahrscheinlich, haben sich doch eine Vielzahl von Politiker*innen, auch aus der Union, deutlich gegen Kramp-Karrenbauers Vorschlag ausgesprochen. Wie das eben so ist, mit den fixen Ideen von Politiker*innen aus der zweiten und dritten Reihe. Deren Bezüge und Nebeneinkünfte werden sie übrigens in den meisten Fällen davor schützen, auf die Gnade der Pflegekasse und des überforderten Pflegepersonals, egal ob Zivi oder nicht, angewiesen zu sein.

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8 Kommentare

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  • Dieses Jahr fände ich für angehende VWL und BWL Studenten gut, damit sie wenigstens einmal in ihrem Berufsleben etwas Sinnvolles und Produktives leisten.

  • “Hannemann - geh du voran - du hast die großen Stiefel an."

    Bin ja immer der Auffassung - “wenn du wirklich was gemacht haben willst.



    Mach‘s selber.“

    So ich Angie beim “ Mitmarschieren mit Freund Dubbelju Bush via Irakkrieg.



    Soll unser aller AKK 47 - erst mal selber ihre Lücke füllen - wa.



    ” Annegret Kramp wurde in Völklingen geboren und wuchs in Püttlingen mit fünf Geschwistern auf. Ihr Vater Hans war Sonderschullehrer, ihre Mutter Else Hausfrau. Bis 1973 besuchte sie die Viktoria-Grundschule Püttlingen, ab 1973 das Marie-Luise-Kaschnitz-Gymnasium in Völklingen, an dem sie 1982 auch ihr Abitur ablegte. Von 1982 bis 1990 studierte sie Politik- und Rechtswissenschaften an den Universitäten in Trier und Saarbrücken. Das Studium beendete sie 1990 mit dem akademischen Grad Magistra Artium in den Fächern Politikwissenschaft und Öffentliches Recht.…“

    kurz - Nix nur dicke Backen machen.



    Erst mal selber Pfeifen & Zurückgeben.



    🥚jòò 🥚jòò - Gellewelle&Wollnichwoll.

    “Aus anderer Leutz Leder - ist leicht Riemen schneiden.“



    Schon - Volkers mittelalterlicher 👄

  • „Für mich ist es auch ein zutiefst bürgerlicher Gedanke, seinem Land und der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen“

    Das zu wollen ist eine Sache. Das wollen zu müssen dann ja doch eine ganz andere.

    • @Yodel Diplom:

      Mir stellt sich gerade die Frage wie weit dieser "zutiefst bürgerliche Gedanke" geht. Dürfen auch Millionäre etwas zurückgeben wollen müssen? Also, via erhöhtem Spitzensteuersatz und Vermögens- und Erbschaftssteuer. Und Unternehmen? Wie siehts mit Managern aus? Die wollen doch bestimmt dringend etwas von ihren exorbitanten Boni zurückgeben müssen. Oder hört der "zutiefst bürgerliche Gedanke" da auf wo die CDU-Wählerschaft beginnt?

      • @Yodel Diplom:

        Schon mal was von progressiver Einkommenssteuer gehört?



        Von Erbschafts- und Schenkungssteuer offenbar schon.



        Da wird nicht "zurückgegeben", da nimmt sich der Staat einfach.



        Sehr bürgerlich, der Gedanke.

  • "Für mich ist es auch ein zutiefst bürgerlicher Gedanke, seinem Land und der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen“

    "Bürgerlichen Gedanken" fühlen sich bei weitem nicht alle Menschen, zumal die nicht bürgerlichen, verpflichtet.



    "seinem Land"? Bezeichnend, dass der "Staat" dergestalt ausgeklammert wird. Der bekommt von mir genug zurück, wie Kretschmar richtig vermerkt. Das Land besteht aus Städten, Feldern, Bergen, Flüssen und Auen. Was sollte ich denen zurückgeben wollen?

  • Annegret Kramp-Karrenbauer könnte etwas dem Land und der Gesellschaft zurückgeben, wenn sie auf die Kanzlerkandidatur verzichten würde. Damit wäre schon viel gewonnen.

    • @Vietwoojagig Htoru:

      Klingt erstmal gut, aber die Frage ist, wer soll es sonst machen? Wolfgang "Geldkoffer" Schäuble? Peter "AfD light" Tauber?