: Kraft des Glaubens, Kraft der Bilder
Thomas Schühly wurde 1951 in Karlsruhe geboren und wuchs in Bochum auf. Sein Verhältnis zum Vater, Vorstand eines rheinischen Industrieunternehmens und für die Familie kaum sichtbar, bleibt kühl. Prägende Förderung erhält er durch die musisch interessierte Mutter, die, aus einem katholischen Elternhaus kommend, auch dies an ihre Kinder weitergibt.
Nach dem Abitur studiert Schühly an der Ruhr-Universität Bochum Jura. Nebenher verdient er sich als Karatelehrer ein Zubrot. So wird Peter Zadek, damaliger Intendant des Bochumer Schauspiels, auf ihn aufmerksam und engagiert ihn 1975 zum Einstudieren von Kampfszenen. Die Begegnung mit dem Theater wird zum Initialerlebnis für Schühly. Er wird Regieassistent bei Zadek, dem er schließlich mit seiner Kraft, so Schühly, „den Laden zu sprengen“ droht.
1979 vermittelt Zadek ihn an Rainer Werner Fassbinder, dessen Regieassistent Schühly wird. Die Zeit mit Fassbinder wird für „Doktor Schühly“, wie der ihn nennt, zur bisher wichtigsten Zeit seines Lebens. Schühly produziert die letzten drei Fassbinder-Projekte „Berlin Alexanderplatz“ (1980), „Lola“ (1981) und „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ (1982).
Fassbinders Tod 1982 stürzt Schühly in eine Krise. Dann lernt er Leo Kirch kennen und produziert 1983 für den Filmhändler „Via Mala“ (Regie: Tom Toelle). 1983/84 folgt „Abwärts“ mit Götz George in der Hauptrolle. Bernd Eichinger holt ihn als zweiten Geschäftsführer zur „Neuen Constantin Film“, Schühly nimmt als deren Executive Producer 1986 die Verfilmung von Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“ in Rom in die Hand. Er ist hin und weg vom süßen Leben und Arbeiten in Cinecittà und bleibt acht Jahre in Rom. Hier lernt er seine spätere Frau Irma Orsili kennen, mit der er zwei Kinder hat.
Schühly freundet sich mit Federico Fellini an und begegnet in der Filmstadt Rom vielen Großen des internationalen Filmgeschäfts, darunter Sergio Leone, Steven Spielberg, John Huston, Ingmar Bergmann. Hier realisiert er mit Terry Gilliam von der britischen Komikergruppe „Monty Python“ als Produzent 1987/88 die fünfte Neuverfilmung des Romans vom Lügenbaron Münchhausen.
Die Kraft der Imagination oder der Glaube, der Berge versetzt, als Ausdruck der reinen Seele ist ein Sujet, das Schühly immer wieder fesselt. Er realisiert den Münchhausen-Stoff mit pompöser, dabei historisch genauer Ausstattung durch Fellinis Filmarchitekten Dante Ferretti. Der Film hat in Frankreich Kultstatus, in Deutschland wurde er wenig beachtet.
Im folgenden Jahrzehnt zieht Schühly sich wegen seiner Kinder von Großprojekten weitgehend zurück. Heute sind sie alt genug, ihn auf seinen Reisen auch mal zu begleiten. Weshalb er dabei ist, mit dem Projekt „Alexander“ (über Aufstieg und Fall des mazedonischen Herrschers) und Oliver Stone als Regisseur ins Filmgeschäft zurückzukehren. Ein Stoff, an dem auch Baz Luhmann und Martin Scorsese Interesse zeigen. Egal, wer das Rennen macht, Schühly wird kaum arbeitslos. Er wartet schon darauf, mit der Verfilmung von Ecos „Baudolino“ die Liebe neu zu erfinden.
Weitere von Schühly produzierte Filme: „Die Generalprobe“ (1980, Regie: Werner Schroeter), „Wo seid ihr? Ich bin hier“ (1991/92, Regie: Liliana Carvani), „Der Totmacher“ (1995, Regie: Romuald Karmakar) NIKE BREYER
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