Kotti-Wache: Im Zweifel sind's immer die anderen
Die Einsatzwagen der Polizei parken dauerhaft im Halteverbot und verhindern damit den barrierefreien Zugang zum Bus. Dagegen klagt eine Anwohnerin.
Die parkten aus „einsatztaktischen Gründen“ direkt unter der Wache, sagt ein Polizeisprecher. Da befindet sich aber die Bushaltestelle, und es gilt Halteverbot. Nicht in Ordnung finden das Anwohner*innen wie die 66-jährige Gertrud Trisolini: Aufgrund der Fahrzeuge könne der Bus nicht an den Bordstein heranfahren, sagt sie. Ständig müsse er mitten auf der Straße halten und könne den barrierefreien Ein- und Ausstieg nicht mehr gewährleisten.
Trisolini reichte Beschwerde bei der Polizei ein. Deren Reaktion: Sie besorgte sich ein Sonderparkrecht und montierte „Einsatzfahrzeuge frei“-Schilder. „Damit hat die Kotti-Wache ihren Fuhrpark auf Kosten des ÖPNV nach Beschwerde legalisiert“, kritisiert Trisolini.
Die grüne Bezirksverordnete Taina Gärtner unterstützt das Anliegen des „Kreuzberger Urgesteins“ Trisolini und stellte einen Antrag an die BVV Friedrichshain-Kreuzberg. Das Sonderparkrecht führe in der ohnehin stark belasteten Adalbertstraße zu Engpässen für den 140er Bus, heißt es darin, und der „Ersatzhalt auf offener Straße“ sei für körperlich beeinträchtigte Menschen exkludierend. Sie fordert eine „alternative Lösung“, die sicher für die Nutzer*innen ist, „die Belange des ÖPNV wahrt sowie praktikabel für die Belange der Kottiwache ist“. „Perfide“ findet Gärtner das „monatelange Geparke im Halteverbot“. Es sei ein weiteres Beispiel dafür, dass die Wache, „die behaupte, dass Anwohnende sie hier haben wollen“, von oben herab über ebendiese regierte. „Der blanke Hohn!“.
Die Polizei behauptet dagegen, bei den Falschparker*innen handele es sich um private und gewerbliche Verkehrsteilnehmer*innen. Gärtner und Trisolini bestreiten das. Auch sonst glaubt die Behörde, dass sie das Problem schon wuppt: Neben dem Sonderparkrecht habe man das Haltestellenschild und Fahrradstellplätze um einige Meter verlegen lassen sowie eine zusätzliche Stellfläche für Funkwagen eingerichtet, so der Polizeisprecher. Auch die Flächen auf der Fahrbahn habe man deutlich markiert. „Müsste jetzt alles wunderbar funktionieren“, sagt ein Polizist vor Ort – schon klar, wer hier die Hosen anhat.
Von der BVG heißt es, man befinde sich in Abstimmung mit der Polizei, um für eine „konsequentere Freihaltung“ der Haltestelle zu sorgen. „Allerdings gelingt das leider nicht immer.“ Die Folgen seien „ärgerlich“. Noch ärgerlicher scheint, dass die Polizei sich hier auf dem Rücken der Schwächsten ins Recht setzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin