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Kostspieliger KlimaschutzMehr Geld für die braune Tonne

Die Berliner Stadtreinigung will aus dem Biomüll in Zukunft Biogas herstellen. Das schont das Klima, wird aber doppelt so teuer wie geplant.

Rohstoff voller Energie: Lebensmittel in der Biotonne Bild: dpa

Wenn die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) in zweieinhalb Jahren damit beginnen, den Biomüll nicht mehr zu kompostieren, sondern zu Biogas zu verarbeiten, wird das für das Unternehmen deutlich teurer als bisher. Derzeit kostet die BSR die Entsorgung von Küchenabfällen, Kaffeesatz und verdorbenen Lebensmitteln pro Biotonne und Jahr 40 Euro. In Zukunft werden die Kosten nach der Erfahrung anderer Städte mit vergleichbaren Anlagen in der Größenordnung von 80 Euro liegen, sagte BSR-Sprecherin Sabine Thümler am Dienstag auf taz-Anfrage.

Sie bestätigte damit, was BSR-Finanzvorstand Lothar Kramm bereits am Samstag auf dem Klimaschutztag der Linkspartei gesagt hatte: "Die Kosten für die Entsorgung werden sich verdoppeln". Die BSR will durch die umweltgerechte Wiederverwertung des Abfalls jährlich rund 14.000 Tonnen des Klimakillers Kohlendioxid einsparen.

Auf die Müllgebühren soll dies nur geringe Auswirkungen haben. Denn die Entsorgung der Abfälle ist nur ein Kostenpunkt bei der Biotonne unter vielen - und die anderen Ausgaben, etwa für den Abtransport der Tonnen, ändern sich dadurch nicht. Insgesamt fließen derzeit rund 280 Millionen Euro Müllgebühren jährlich an die BSR. Davon gibt das Unternehmen rund 2 Millionen Euro für die Kompostierung des Biomülls aus. In Zukunft sollen es etwa 5 Millionen Euro sein - einmal wird die Biogasgewinnung teuer; zudem erwartet die BSR, dass die Berliner mehr Biomüll sammeln. Andererseits entstehen durch die Nutzung des Biogases auch zusätzliche Einnahmen. Zu deren Höhe möchte BSR-Sprecherin Thümler jedoch nichts sagen.

Fest steht aber bereits jetzt: Die Müllgebühren werden durch den Plan steigen. Dabei muss aber nicht unbedingt die Biotonne teurer werden: Die BSR kann auch wie bisher die Biotonne aus anderen Einnahmen quersubventionieren und zum Beispiel für Hausmüll mehr verlangen. Unter dem Strich sollen die Gebühren langsamer steigen als die Inflationsrate - also um weniger als drei Prozent im Jahr.

Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) hat das Vorhaben laut Kramm "wesentlich mit angetrieben". Und zwar nach Auskunft ihrer Sprecherin Marie-Luise Dittmar nicht nur deshalb, weil das gut für den Klimaschutz ist. Sondern auch: "Wenn wir darauf verzichten, kosten uns die Folgen des Klimawandels am Ende noch mehr Geld."

Das sieht Carsten Wilke, umweltpolitischer Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, ganz anders. Er findet die Biogasgewinnung aus dem Abfall prinzipiell gut, "aber nur dann, wenn dadurch langfristig die Gebühren nicht steigen. Es ist doch keinem Verbraucher zu vermitteln, wenn sein Müll plötzlich zum wertvollen Rohstoff wird und er trotzdem mehr zahlen soll."

Die beiden Biogasanlagen der BSR sollen in der Nähe der Müllverbrennungsanlage Ruhleben in Spandau sowie im Gewerbegebiet Eastside in Marzahn entstehen. 35 bis 40 Lastwagen pro Tag werden den Müll liefern. Durch Vergärung entsteht daraus Biogas. Die Kosten von 25 Millionen Euro will die BSR über Kredite finanzieren, Zinsen und Tilgung holt sich das Unternehmen über Müllgebühren wieder. Derzeit werden die Bioabfälle kompostiert, wobei viele klimaschädliche Gase in die Atmosphäre gelangen.

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1 Kommentar

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  • DU
    Dr.-Ing. Ulrich Wiegel

    Ist die Bioabfallvergärung teuer ?

    Klimaschutz hat seinen Preis. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)vergütet die Stromerzeugung aus CO2-freien Quellen wie Biomasse, Windkraft, Fotovoltaik etc. mit (unterschiedlich) hohen Preisen, die sich wiederum in Kosten je eingesparter Tonne CO2 umrechnen lassen. Es resultiert ein mittlerer Bereich von 100 bis 300 € je geminderter Tonne CO2. Lt. Bericht verteuert sich die Bioabfallbehandlung um rd. 3 Mio €/a, und damit werden 14.000 Tonnen CO2 weniger freigesetzt. Die geplante Bioabfall-Vergärung läge also mit etwas über 200 € je Tonne CO2 in der bereits gesellschaftlich akzeptierten Spannweite der CO2-Einspar-Kosten. Unzutreffend ist die zunächst plausibel wirkende Einschätzung, der künftige Energiegewinn aus Bioabfall müsse eine Kostenentlastung der Bürger bewirken: In der abfalltechnischen Entwicklung ging die mit weiteren Umweltschutzzielen verbundene, steigende Energie-Nutzung des Abfalls durchgehend mit einer Kostensteigerung einher, weil der Preis für konventionelle, fossile Energie (noch immer) deutlich unter dem hohen Aufwand liegt, denselben Energiebetrag aus Abfall, und eben auch aus Bioabfall zu gewinnen.