Korruption: Aufklärer in Sachsen befangen?
Die Linkspartei bleibt misstrauisch gegenüber Mitgliedern der Ermittlergruppe.
Dresden taz In der sächsischen Korruptionsaffäre hält die Linkspartei den Druck auf die Staatsregierung aufrecht. Klaus Bartl, rechtspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion, äußerte am Montag Vorbehalte gegen die personelle Zusammensetzung der vom Justizministerium eingesetzten Ermittlungsgruppe. Er reagierte damit auf die Ankündigung von Justizminister Geert Mackenroth (CDU), nur über jeden Zweifel erhabene Staatsanwälte mit der Aufklärung der Filzvorwürfe zwischen organisierter Kriminalität und Teilen des Justizapparats zu betrauen.
Über Jahre angelegte Dossiers des Verfassungsschutzes, die nach politischen Auseinandersetzungen jetzt der Staatsanwaltschaft übergeben werden, weisen auf ein verbrecherisches Netzwerk hin. Sie beziehen sich nicht nur auf Kontakte von Immobilienmanagern und Politikern, sondern auch von Mitgliedern der Justiz zu Kriminellen. Gegen einen ehemaligen Oberstaatsanwalt, der heute Amtsgerichtspräsident ist, läuft bereits ein dienstrechtliches Verfahren.
Bartl sagte jetzt: "Ich habe Bedenken, die Ermittler könnten bald mit Fällen konfrontiert werden, von denen sie selbst wissen mussten." So war Chefermittler Henning Drecoll von 1993 bis 2001 Leiter der Staatsanwaltschaft Chemnitz und als solcher mit Fällen betraut, die in der Aktensammlung des Verfassungsschutzes eine Rolle spielen sollen. 1999 ermittelte beispielsweise eine Sonderkommission des Landeskriminalamtes gegen den Kripo-Chef von Plauen, Karlheinz Sporer, wegen des Verdachts des Verrats von Dienstgeheimnissen. Sporer verstarb plötzlich, die Ermittlungen wurden eingestellt. Oberstaatsanwalt Wolfgang Schwürzer war an Ermittlungen gegen das mit der organisierten Kriminalität befasste Kommissariat 26 der Leipziger Polizei beteiligt. Es ging um angebliche Falschaussagen der Beamten vor Gericht. Beide Staatsanwälte versicherten inzwischen, sie seien lediglich in Leitungsfunktion mit den Fällen befasst gewesen und verneinten einen Interessenkonflikt.
Bartl verwies jedoch auf das sächsische Organisationsstatut der Staatsanwaltschaften und ein in der Praxis ausgeprägt hierarchisches Berichtswesen, das auf Wohlinformiertheit aller vorgesetzten Dienststellen schließen lasse. In Fällen "besonderer Bedeutung" müssen nicht nur Generalstaatsanwalt und Justizminister unterrichtet werden. Zusätzlich sind vor Beginn von Ermittlungen sogenannte Absichtsberichte üblich, die mit zahlreichen Anmerkungen wieder auf dem Tisch der Ermittler vor Ort landen. Bartl beklagte diese starke Weisungsabhängigkeit. Er attackierte außerdem den aus Waldshut-Tiengen in Baden-Württemberg herbeigerufenen "Aufpasser" ohne Ermittlungsbefugnisse, Landgerichtspräsident Wolfgang Eißer. Der Mann sei nicht so unbefangen und "sachsenfern", wie der Justizminister glauben machen wolle, wenn beispielsweise sein Stellvertreter in Sachsen in den Neunzigerjahren Hilfe beim Justizaufbau geleistet habe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!