Korruption in Spanien: Nochmal davongekommen
Der Ex-Präsident von Valencia soll im größten Korruptionsfall Spaniens unschuldig sein. Obwohl er Maßanzüge für 30.000 Euro erhalten hat.
MADRID taz | Der Expräsident der autonomen Region Valencia, Francisco Camps, bleibt auf freiem Fuß. Ein Geschworenengericht hat den Politiker der konservativen Partido Popular (PP) am späten Mittwoch vom Vorwurf der Bestechlichkeit freigesprochen. Camps stand monatelang in einem der größten Korruptionsfälle Spaniens vor Gericht.
Er war angeklagt, maßgeschneiderte Anzüge im Wert von 30.000 Euro als Geschenk erhalten und dafür mit seiner Verwaltung mit einem Geflecht korrupter Unternehmen zusammengearbeitet zu haben. Fünf der neun Geschworenen sahen dies trotz umfangreicher Ermittlungen und Indizien als nicht erwiesen an. "Danke, mein Gott", rief der wohl selbst überraschte Camps.
Der Fall Camps ist nicht das einzige Verfahren, das gegen hochrangige Politiker geführt wird. Auch der ehemalige PP-Präsident von Mallorca und den Balearen, Jaume Matas, steht wegen Korruption vor Gericht. Sogar gegen den Schwiegersohn von König Juan Carlos I. wird wegen Betrug, Steuerhinterziehung und Korruption ermittelt.
Im Verfahren in Valencia wurde neben Camps auch der ehemalige regionale PP-Generalsekretär Ricardo Costas freigesprochen. Zwei weitere Angeklagte, der Vizepräsident und der Tourismusminister der Camps-Regierung, hatten bereits vor der Hauptverhandlung eingestanden, Anzüge angenommen zu haben. Die Geschworenen berücksichtigten dies ebenso wenig wie die erdrückende Beweislast. Abgehörte Telefonate bestätigten die Gefälligkeitsdienste ebenso wie die Aussagen von Angestellten der Modegeschäfte.
Zu hohe Honorare
Es war der erste Prozess im größten Korruptionsskandal der spanischen Demokratie. Ein Geflecht aus Unternehmen unter der Führung von Francisco Correa soll jahrelang illegal die PP finanziert haben. Correa organisierte in PP-regierten Gemeinden und Regionen Veranstaltungen mit seinen Eventagenturen, kassierte zu hohe Honorare und gab einen Teil davon an Partei und Politiker weiter.
Sein Nachname Correa - auf deutsch "Gürtel" - gab den Ermittlern den Tarnnamen "El caso Gürtel" während der jahrelangen Ermittlungen unter Richter Baltazar Garzón. Während des Baubooms vermittelte Correa Kontakte von Bauherren zur Verwaltung, so dass er und die Politiker in seinem Umfeld Millionen scheffelten.
Expräsident Camps hinterlässt einen Scherbenhaufen: Valencia ist bankrott, konnte im Dezember die Sozialversicherungsbeiträge seiner Mitarbeiter nicht zahlen und entging nur mit einem Millionenzuschuss von der spanischen Regierung der Zahlungsunfähigkeit. Camps hatte während seiner Regierungszeit ein Großprojekt nach dem anderen gebaut: ein internationaler Flughafen in Castellon, auf dem nie ein Flugzeug gelandet ist.
Kein Geld für Heizungen in Schulen
Die Formel 1 wurde mit öffentlichem Geld nach Valencia gelockt, eine Museums- und Wissenschaftsstadt aus dem Boden gestampft, Ländereien in Bauland verwandelt. Während die Bauindustrie in Valencia riesige Gewinne einstrich, hat die Landesregierung kein Geld für Heizungen in Schulen und öffentlichen Gebäuden.
Die Bilanz des PP-Politikers Jaume Matas auf den Balearen sieht nicht besser aus. Auch Matas wirtschaftete in seiner Zeit als Regierungschef (1996-1999 und 2003-2007) in die eigene Tasche. Er soll den Bau einer Radsporthalle um mehr als 40 Millionen Euro verteuert haben. Obwohl er als Ministerpräsident 84.000 Euro im Jahr verdient hat, besitzt er einen Palast im Wert von mehr als 1 Million Euro, der für 1,3 Millionen Euro renoviert wurde.
Camps und Matas haben auch ihre Freunde nicht vergessen. Mit dem Ehemann der jüngsten Tochter von König Juan Carlos, Iñaki Urdangarin, haben die beiden dubiose Geschäfte getätigt. Eine Stiftung von Urdangarin organisierte Sportveranstaltungen und Kongresse in den Regionen und kassierte dafür überhöhte Tarife. Urdangarin und seine Partner sollen in nur drei Jahren 5,8 Millionen Euro mit Hilfe von Matas und Camps verdient haben.
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