Korrupte Sportfunktionäre: Geldgeile alte Männer
Formel-1-Boss Ecclestone steht wegen Bestechung vor Gericht. Er ist einer von vielen Sportfunktionären, die einen zweifelhaften Umgang mit Geld pflegen.
BERLIN taz | Mister Formel-1 soll 44 Millionen Euro Bestechungsgeld gezahlt haben. Seit Donnerstag steht Bernie Ecclestone deshalb in München vor Gericht. Der Vorwurf lautet auf Bestechung und Anstiftung zur Untreue.
Die Welt des Sports ist voller Schmiergelder, Bestechung und Betrug. Meist geht es um hohe Geldzahlungen an Spitzenfunktionäre, die dann dafür sorgen sollen, dass Mega-Sportevents in bestimmten Ländern ausgetragen werden. Weit verbreitet ist auch die Praxis, sich die Wahl an die Verbandsspitze zu erkaufen, indem Delegierte bestochen werden. Mal lassen sie sich für Vermarktungsrechte schmieren, mal manipulieren sie einzelne Spiele. Nicht nur der Fußball ist betroffen, auch Sportarten wie Handball und Leichtathletik.
Eine unvollständige Liste der korruptesten und bestechlichsten Sportfunktionäre
Sepp Blatter
Joseph Blatter ist seit 1998 Fifa-Chef. Seine langjährige Amtszeit als wichtigster Fußballfunktionär wird begleitet von Vorwürfen der Korruption und des finanziellen Missmanagments. Schon bei seiner Wahl 1998 gab es Gerüchte, er habe sich die notwendigen Stimmen gekauft. Auch bei seiner Wiederwahl äußerten Fifa-Delegierte ähnliche Vorwürfe. Blatter ging juristisch gegen sie vor.
Erst 2012 stellte das Schweizer Bundesgericht fest, dass der 78-jährige Blatter von Schmiergeldzahlungen der Vermarktungsagentur ISL an seinen Vorgänger Joao Havelange und andere hochrangige Fußballfunktionäre gewusst haben musste. Das Korruptionsgeflecht seiner engsten Mitarbeiterriege war ihm also bekannt. Sich selbst hat er nicht die Hände schmutzig gemacht, jedenfalls konnte man ihm nichts nachweisen. Rücktrittsforderungen aus den eigenen Reihen im Jahr 2012 wischte er deshalb beiseite.
Zuletzt wurden Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Vergabe der Fußball-WM 2022 an Qatar bekannt. Bisher richteten sie sich jedoch nicht gegen Blatter selbst, sondern article_id=280416:gegen den früheren Fifa-Vize Jack Warner, der kurz nach der Entscheidung für Qatar 1,5 Millionen Euro erhalten haben soll.
Hassan Moustafa
Er ist ein Sportfunktionär der alten Schule. Seit 14 Jahren ist der fast 70-jährige Ägypter Hassan Moustafa Chef der Internationalen Handballförderation (IHF). Seitdem hat er sich immer wieder selbst bereichert. Nicht umsonst wird er „Pharao“ genannt und mit Fifa-Chef Joseph Blatter verglichen. Die Liste seiner Verfehlungen ist lang, die der Konsequenzen leer. Trotz gekaufter Spiele, bestochener Schiedsrichter und Korruptionsverdacht.
Mal gönnte er sich eine Gehaltserhöhung um 1.600 Prozent von 30.000 Schweizer Franken auf 500.000 im Jahr. Mal erhielt er vom Verband innerhalb von sieben Jahren über eine halbe Millionen Schweizer Franken für Flüge, für die er keinerlei Belege vorwies. Er war direkt am Korruptionsskandal bei der asiatischen Olympia-Qualifikation für 2008 beteiligt, indem er für ein entscheidendes Spiel die angesetzten Schiedsrichter absetzte. Das darauffolgende Spiel wurde manipuliert.
Er schloss einen article_id=195476:geheimen Beratervertrag mit der Vermarktungsagentur Sportfive ab, der ihm über 600.000 Euro einbrachte. Sportfive verwertet bis Ende 2009 die Fernsehrechte des Welthandballverbandes. In dieser Sache wird seit Jahren gegen Moustafa wegen Korruption ermittelt, noch ohne nennenswertes Ergebnis.
Kim Un Yong
Kurz vor den Olympischen Sommerspielen von Athen 2004 wurde der Vize-Chef des Internationalen Olympischen Komitees, Kim Un Yong, zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Der Südkoreaner soll fast 600 Millionen Euro Bestechungsgelder angenommen und 2,2 Milliarden Euro veruntreut haben. Trotz dieser riesigen Summen fällt das Urteil milde aus. Kim habe Reue vor Gericht gezeigt und geheult, so die Begründung des Gerichts. Außerdem habe er einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Entwicklung der Sportart Taekwondo geleistet. Erst im Mai 2005 tritt Kim von seinem IOC-Amt zurück, wenig später wird er aus dem Gefängnis entlassen, weil der 74-jährige gesundheitliche Probleme hatte.
Er galt lange als wichtigste Stütze des früheren IOC-Präsidenten Antonio Samaranch und war in den Skandal um die Vergabe der Olympischen Winterspiele an Salt Lake City 2002 beteiligt.
Lamine Diack
Der Senegalese Lamine Diack ist seit 1999 Präsident des Internationalen Leichtathletikverbandes (IAAF). Seine Wiederwahl 2011 verlief unter skandalösen Umständen. Es gab keinen Gegenkandidaten, im ersten Wahlgang tauchten mehr Stimmen auf, als Delegierte anwesend waren.
Der wichtigste Sportfunktionär Afrikas soll auch bei Entscheidungen über Austragungsorte von Olympischen Spielen eine wichtige Rolle spielen und bis zu 30 Stimmen im IOC organisieren können. Gerne versorgt er die Familie mit wichtigen Posten. Sein Sohn Papa Diack etwa war im Team der russischen Olympiabewerbung für Sotschi und betreibt eine lukrative Marketingagentur, die in engem geschäftlichen Verhältnis mit dem Internationalen Leichtathletikverband steht.
Seit Jahren wird ihm korruptes Verhalten vorgeworfen. So war auch er in den Skandal der Marketingagentur ISL verwickelt. ISL zahlte mindestens 140 Millionen Euro an verschiedenen Sportfunktionäre. Diack soll mehrere zehntausend Euro erhalten haben, während die Firma in Verhandlungen mit der IAAF um Vermarktungsrechte verhandelte. Er kam mit einer Verwarnung der Ethikkommission des IOC davon.
Immerhin kündigte der 80-Jährige jüngst an, seinen Chefposten beim IAAF nur noch bis 2015 ausüben zu wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann