piwik no script img

Kooperation bei SmartphonesNokia macht's mit Microsoft

Bündnis gegen Apple und Google: Auf Nokia-Smartphones soll in Zukunft in erster Linie Windows Phone 7 eingesetzt werden. Die Nokia-Aktie gab am Morgen um mehr als neun Prozent nach.

Microsoft-Manager Joe Belfiore bei der Vorstellung des Betriebssystems Windows Mobile 7. Bild: dpa

HELSINKI dapd/dpa | Der in der Krise steckende weltweit größte Handy-Hersteller Nokia hat eine umfassende Zusammenarbeit mit dem US-Softwarekonzern Microsoft angekündigt. Smartphones von Nokia sollen in Zukunft vorrangig mit dem Betriebssystem Windows Phone 7 ausgestattet werden. Damit verbünden sich nun zwei Unternehmen, die beide zuletzt Mühe hatten, mit den rasanten Entwicklungen im Mobilgerätemarkt Schritt zu halten.

Ziel der Kooperation mit Microsoft ist es, beiden Unternehmen zu helfen, Marktanteile von Googles Android-System und Apples iPhone zurückzuerobern. Man wolle die Stärken beider Unternehmen kombinieren und "ein Ökosystem von einzigartiger globaler Reichweite" schaffen, erklärte der neue Nokia-Vorstandsvorsitzende Stephen Elop.

Für Nokia ist der Einsatz eines anderen Betriebssystems ein tiefer Einschnitt, besitzt der Konzern doch mit Symbian und MeeGo zwei Systeme, die eigentlich alle Bereiche abdecken sollten. Ganz fallen lassen will Nokia sie denn auch nicht. So sollen weiter Geräte mit dem Symbian-Betriebssystem produziert werden. Und auch mindestens ein Gerät mit MeeGo soll in diesem Jahr noch erscheinen, wie Nokia ankündigte.

Das Bündnis von Nokia und Microsoft wird den Smartphone-Markt verändern – auch für Nokia selbst. Das Handy-Betriebssystem Symbian, auf das Nokia bislang setzte, wird in Zukunft wohl nur noch bei einfacheren Handys eine Rolle spielen. Künftig hat der Verbraucher die Wahl zwischen vier Betriebssystemen für sein Smartphone.

Android wurde erst 2008 von Google auf den Weg gebracht. Die Software baut auf dem PC-System Linux auf und ist ebenfalls unter einer Open-Source-Lizenz frei verfügbar. Android-Handys werden unter anderem von HTC, Samsung, Motorola und Sony Ericsson angeboten. Zum Standardumfang gehören mobile Versionen von Google-Diensten wie E-Mail und Navigation; insgesamt gibt es rund 250 000 Android-Anwendungen. Der Marktanteil wächst rasant: Nach Zahlen der Marktforschungsfirma Canalys von 8,7 Prozent im vierten Quartal 2009 auf 32,9 Prozent im Jahr darauf - mit weiter steigender Tendenz.

iOS ist das Betriebssystem für das iPhone von Apple, das seit 2007 auf der Grundlage von MacOS X entwickelt wird. Auch der Tablet-Computer iPad und der iPod Touch laufen mit iOS. Mit rund 300 000 Anwendungen bietet das Apple-System eine besonders vielfältige Plattform. Der Marktanteil lag im vierten Quartal vergangenen Jahres bei 16,0 Prozent (2009: 16,3 Prozent).

Blackberry gilt als System, das vor allem bei Geschäftsleuten beliebt ist. Die Software des kanadischen Herstellers Research in Motion (RIM) wurde 1999 gestartet und konnte mit seinem E-Mail-Push- Dienst auf eigenen Servern vor allem Unternehmenskunden gewinnen. Inzwischen ist der Blackberry breiter aufgestellt und bietet rund 18 000 Anwendungen für alle wesentlichen Smartphone-Funktionen. Der Marktanteil sank binnen Jahresfrist von 20,0 auf 14,4 Prozent.

Und nun: Windows Phone 7, das neue Handy-Betriebssystem von Microsoft. Nachdem die Konkurrenz immer schneller an Microsofts Windows Mobile vorbeizog, versuchte das Unternehmen mit Windows Phone 7 im vergangenen Jahr einen kompletten Neustart. Zu den besonderen Merkmalen des Betriebssystems gehört die enge Anbindung der Microsoft-Office-Anwendungen. Auf dem Windows-Phone-7-Marketplace – dort lassen sich Mini-Programme und Zusatz-Features für Windows Phone herunterladen, vergleichbar mit dem App-Store von Apple und dem Android Market von Google – finden sich bislang etwa 5000 Anwendungen. Der Marktanteil der Smartphones mit einem mobilen Windows sank von 7,2 Prozent auf 3,1 Prozent im Schlussquartal 2010.

Die weitere Entwicklung von Windows Phone dürfte entscheidend vom Erfolg der Verbindung mit Nokia abhängen. Die Ankündigung, die nur wenige Stunden, bevor der neue Nokia-Vorstandsvorsitzende Stephen Elop vor Analysten in London seine Pläne für den Smartphone-Markt erläutern wollte, an die Öffentlichkeit gelangte, hatte auf die Börse keinen positiven Einfluss. Die Nokia-Aktie gab am Morgen mehr als neun Prozent auf 7,42 Euro nach.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • M
    myl

    Wow.

     

    Das Management des Marktführers gibt zum Entsetzen seiner Mitarbeiterschaft die konzern-eigene Technologie auf und setzt stattdessen auf die von Kunden verschmähte Technologie des vorherigen Arbeitgebers des CEO, die bei 1,5% Marktanteil dümpelt.

     

    Ein Schelm wer Böses dabei denkt...

     

    "Man wolle die Stärken beider Unternehmen kombinieren"

     

    Tja, nur haben beide Unternehmen leider dieselben Stärken (technische Kompetenz, internationale Präsenz und genügend Kapital) und dieselben Schwächen (Inflexibilität, Mangel an Kreativität, und Trägheit bei der Produktentwicklung).

    Mit "gegenseitig Ergänzen" ist da nix, eher mit gegenseitigem Verschlimmern.

     

    Der einzige Profiteur ist Microsoft, welches durch den Deal kurz- und mittelfristig Zugang zu einem viel größeren Marktanteil bekommt, und dadurch die Chance, im Mobile-Markt endlich Fuß zu fassen.

  • TU
    The User

    @kotelette

    Lies mal, was ich vorher dazu kommentiert habe, aber vmtl. sind dir solche Punkte egal… Ein herber Rückschlag für Freie Software…

  • K
    kotelette

    nokia hat sich damit selbst einen gefallen getan im positiven sinne, meego ist noch sehr weit davon entfernt, markttauglich zu sein - was der potentielle nachfolger von symbian sein sollte.

     

    wp7 hat recht gut abgeschnitten in den test afaik, wieso nicht. symbian ist bei den bisherigen modellen c7 und n8 wirklich nicht zeitgemäß, apps in ordnern verwurschtelt o.ä., sag ich nur...

     

    nokia hat einen vorteil, sie sind de fakto marktführer im bereich handys, haben lediglich in der sparte "smartphones" verloren. es wird gerade so getan, als wenn in zukunft jedes handy von nokia mit wp7 ausgestattet werden soll...

  • TU
    The User

    @Windoof? No to Nokia!

    Wirklich, was für Arschlöcher waren das? Ach ja, der ehemalige MS-Manager Elop…

     

    @bEn

    Da war aber Nokia ganz vorn von der Aktivität her mit Freier Software – bis heute, seufz.

     

    @deviant

    Ich finde Nokia hat diesen CEO und diese Kooperation nicht verdient, sie waren mir in letzter Zeit wirklich sympathisch geworden mit einer ehrlich offenen Strategie. Und es wird da auch noch viele Entwickler und sonstige Angestellte geben, die weiter so denken, naja, vllt. nicht mehr lange.

  • D
    deviant

    Damit hat sich Nokia den Boykott redlich verdient - will jemand mein altes Nokiahandy?^^

  • TU
    The User

    Aber:

    DAS IST EINE KATASTROPHE!

    Das ist das Ende von Nokias kurzer Periode glaubhafter Offenheit, und das durch die Microsoft Infiltration. Das ist das Ende wahrlich freier Hand Betriebssysteme, die ein vollwertiges GNU/Linux zur Verfügung stellen. Das ist das Ende der wirklich vollwertigen Cross-Platform-Entwicklung mit Qt (“Qt everywhere” wird wohl niemand in den Mund nehmen), die Chance ist nun vertan, dass sich das freie Qt nochmal durchsetzt mit breiter Entwicklung und breitem Spektrum unterstützter Geräte. Das ist das Ende der Innovation bei Nokia. Bleibt nur noch das krüppelige Java-Android, als halbwegs freie Alternative. Von der Taz hätte ich da einmal einen bissigeren Beitrag erwartet als das, naja, vllt. kommt da ja noch was…

     

    Imprison Stephen Elop!

    Free Bradley Manning!

     

    @UP-TO-DATE

    Solche Zahlen sagen nichts. Die meisten „Apps“ sind Spam.

  • WN
    Windoof? No to Nokia!

    Welche Trottel im Nokia-Management haben denn diesen Schwachsinn entschieden? Ausgerechnet das klapprige Windows? Damit ist Nokia erledigt - und für mich sind deren Produkte gestorben!

  • B
    bEn

    250000 zu 300000 ist allerdings kein sooo großer Unterschied, dass man den App-Store der Aabschottungs- und Zensurfirma Apple als "BESONDERS vielfältige Plattform" anbiedern muss.

     

    da hört sich "Open-Source" doch viel netter an.

  • U
    Up-TO-DATE

    Laut

    http://www.androlib.com/appstats.aspx

    hat Android momentan 250000 Andwendungen.

    Das ist schon ein kleiner Unterschied zu 25000.