piwik no script img

Konzept: Unpolitik.

■ Type-O-Negative in der Sporthalle: Hamburger Antifa ruft zum Boykott auf.

Wo sie hintreten entbrennt zwangsläufig eine Diskussion. Nicht ohne Grund. Schon vor Jahren, als Type-O-Negative-Anführer Peter Steele noch in der Gruppe Carnivore seine oft ziellos anmutende Wut formulierte, handelte man ihn ein wenig schwammig als „kontrovers“. Da Kontroversität allein nichts über die Güte aussagt, wollte man mehr wissen über diesen Mann, der danach für Fans und Feinde gleichermaßen zu einem Mythos aufgebauscht wurde.

Der Weg seiner damaligen Gruppe war begleitet von hitzig diskutierten Interviews, die allerdings wenig Aufschluß über die konkrete politische Gesinnung des „Lord Petrus“, wie er sich martialischerweise zu besagter Zeit nannte, gaben. Jedesmal, wenn er gebeten wurde, die Motive für zweifelhafte und dümmlich patriotische Songs wie „USA for USA“ ein wenig näher zu erläutern, wich der Brooklyner Maulheld aus oder ließ anmaßend pauschalisierende Haßtiraden gegen Asylsuchende oder Linke los. Viel zu selten konnte man ihn dazu bewegen, differenziert Stellung zu beziehen. Journalistische Kommentare, die ihn des Rassismus bezichtigten, waren ihm schnuppe. Er konterte gewöhnlich mit „I don't care. Wenn Du einen Patrioten als Faschisten bezeichnest, dann bin ich eben einer.“

All diese Großmäuligkeiten nahmen mit Ende von Carnivore und der Gründung von Type-O-Negative kein schlagartiges Ende. Sein konfliktscheues Konzept „Das ist mir egal“ war nach wie vor auf dem Tapet. Neuerdings unter dem Aufhänger der „unpolitischen Band“ (Rechtfertigung der Konzertagentur Roadrunner). Dies ist aber weder eine Klärung der offengebliebenen Fragen, noch eine ernstzunehmende Gesinnungsjustierung.

Zweifellos ist der Mensch ein politisches Wesen. Gerade der Street-Level-Philosoph Steele macht hier keine Ausnahme. Selbst wenn er sich vor jeglicher Verantwortung zu drücken gedenkt, indem er seine reaktionären Dummheiten jetzt als „reine Provokation“ verharmlost. Mit derart fadenscheinigen Stellungnahmen ließen sich Antifaschisten nicht abspeisen: In einem offenen Brief an den lokalen Veranstalter German Tours riefen sie zum Boykott des Konzertes auf. Derartige Proteste hatten in der Vergangenheit schon mehrfach zu Tour-Absagen geführt. Diesmal nicht. Jan C. Wolter

14.12., Sporthalle, gemeinsam mit Monster Magnet, Sisters Of Mercy, Ramones

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen