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Archiv-Artikel

musikfest-notizen Konzentrierte Klagen

Diesmal also kein Sekt in der Pause. Statt dessen drängelt sich das Publikum vor der Bühne, alle wollen wissen, wie so ein vorderorientalisches Hackbrett namens Santur oder der Oud, eine Kurzhalslaute aus Andalusien, aus der Nähe aussieht. Gerade noch hat der Marokkaner Driss el Maloumi auf der Oud ein Solo gespielt, das manchen Kopf im Publikum zum Mitnicken gebracht hatte. Oder war das gar kein Solo, sondern eher die Hochgeschwindigkeits-Version eines traditionellen Stückes aus Agadir? Schwer zu sagen. Klar ist nur, dass Driss el Maloumi ein Virtuose ist und dem Konzert mit dem Titel „Friedensmusik“ im Dom einen Programmpunkt lang die Energie einflößt, die sonst Sache der Jazz-Improvisation ist.

Was der Feierlichkeit des Abend gut tut: „Friedensmusik“, das bedeutet ein sehr weihevolles Aufeinandertreffen des Alte Musik-Ensembles Hespèrion XXI und der afghanischen Gruppe Kabul Ensemble. Zudem gibt es Gäste wie Driss el Maloumi oder den amerikanischen Sarod-Spieler Ken Zuckerman. Das „Klagelied der Heiligen Jungfrau“ aus dem 15. Jahrhundert trifft auf den Raga „Wenn mein Blick denjenigen des Herrn kreuzt“, auf Fiedel folgt Tabla. Wobei sich die insgesamt 16 MusikerInnen durchweg auf hohem Niveau bewegen und auf eine vordergründige Definition des Labels „Friedensmusik“ verzichten: Sie finden ihren Frieden spürbar im hochkonzentrierten Spielen und im genauen Zuhören. Andächtig. Und so ganz weit weg vom musikfestlichen Sektglas-Prosit.

Klaus Irler