piwik no script img

Kontrollen wegen KreuzfahrtschiffstaufeNach Hause? Ausweis, bitte!

Wenn Helene Fischer für ein Kreuzfahrtschiff singt, wird es eng. Reiseveranstalter Tui will die Ausweise der Fischmarkt-Anwohner sehen, wenn die nach Hause wollen.

Sorgt für Ärger am Fischmarkt: Tui mit der Taufe der "Mein Schiff 3". Bild: dpa

HAMBURG taz | An diesen Donnerstag müssen die Anwohner rund um den Hamburger Fischmarkt mit Personenkontrollen rechnen. Grund ist diesmal nicht ein polizeilich verordnetes Gefahrengebiet – sondern die Taufe des Kreuzfahrtschiffs „Mein Schiff 3“ des Reiseveranstalters Tui Cruises. Taufpatin des Dampfers ist die Schlager-Diva Helene Fischer, die zur Feier des Tages auf der Bühne stehen wird.

Bis zu 20.000 Personen erwartet der Veranstalter zur Schiffstaufe. Mehr dürfen es auch nicht werden. Denn das Bezirksamt hat aus Sicherheitsgründen die maximale Besucherzahl beschränkt: 20.000 Leute, alle weiteren müssen draußen bleiben. Ärgerlich nur, dass in dem großzügig abgesperrten Gebiet des Fischmarkts und Großer Elbstraße auch Leute wohnen.

Dass eine solche Sperre zum potentiellen Problem wird, wenn Anwohner zu ihren Wohnungen müssen, haben Bezirk und Veranstalter erkannt: „Selbstverständlich müssen wir Anwohnern auch in dieser Situation die Möglichkeit bieten, zu ihren Wohnungen zu gelangen“, sagt Tui-Sprecherin Godja Sönnichsen. „Da eine Aussage ’Ich wohne da, ich muss da durch‘ nicht ausreicht, bitten wir alle Anwohner, ihre Zugangsberechtigung mittels Personalausweis nachzuweisen.“

Dass Tui von den Anwohnern einen Ausweis verlangt, um sie passieren zu lassen, ist in erster Linie für die Ansässigen ärgerlich. Es ist aber auch juristisch bedenklich: „Öffentliche Wege müssen frei zugänglich sein“, sagt der Hamburger Rechtsanwalt Jörg Zahn, und verweist dabei auf das Grundrecht auf Freizügigkeit. „Ich halte es für sehr problematisch, wenn ich zum Passieren meinen Ausweis zeigen muss.“

Auch sein Berufskollege Niklaus Egelriede hält die Regelung für problematisch: „Eine solche Art der Kontrolle kann nicht zulässig sein.“ Insbesondere deshalb, da mit Tui ein Privatveranstalter solche Kontrollen durchführen wird: „Nur der Staat ist befugt, von Personen zu verlangen, sich auszuweisen“, sagt Egelriede.

Auf die zweifelhafte Rechtslage angesprochen, sagt Tui-Sprecherin Sönnichsen: „Wir können natürlich niemanden zwingen, sich auszuweisen.“ Sie betont allerdings, dass das Vorgehen mit den Behörden abgesprochen sei. Tatsächlich sind die Ausweiskontrollen auch in den Sicherheitsvorlagen des Bezirks für die Veranstaltung festgehalten und somit eine Verordnung der Stadt Hamburg.

Das Bezirksamt habe bei der Genehmigung der Veranstaltung die verschiedenen Interessen zu berücksichtigen, sagt Kerstin Godenschwege, Pressebeauftragte des Bezirksamts Altona. Neben denen der Stadt Hamburg also auch jene der Besucher und Anwohner. „Der Veranstalter muss den Zulauf der Veranstaltungsfläche kontrollieren.“ Dass die Anwohner auch bei vollem Gelände noch zu ihren Wohnungen kommen, könne „durch eine entsprechende Ausweisung sichergestellt werden.“

Aus der für die Bewilligung zuständigen Dienststelle vernimmt man indes auch kritische Töne gegen die Veranstaltung. Neben der fragwürdigen Personenkontrolle wird bemängelt, dass die Veranstaltung an einem Wochentag stattfindet, was für die Anwohner ein zusätzliches Ärgernis sei.

Doch da war der Veranstalter offenbar nicht zu Kompromissen bereit. Laut Tui-Sprecherin Sönnichsen ist der Termin für die Schiffstaufe abhängig von dem der Jungfernfahrt. Und die habe Tui für „Mein Schiff 3“ bereits vor über einem Jahr festgelegt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Ich finde die Aufregung übertrieben. Die Wohnung ist unverletzlich. Aber nicht der Fußweg davor. Ich muss als Rad- und Autofahrer ständig Sperren wegen diverser Großveranstaltungen ertragen (Marathon, Cyclassics usw.), die mich bzw. meine Besucher in ihrer Bewegungsfreiheit ebenfalls einschränken. Da kann ich dann GAR NICHT durch, auch nicht mit Ausweis.

     

    Natürlich darf nur der Staat offiziell nach Ausweisen fragen. Lösung: Die Polizei übernimmt die Kontrollen bzw. Einladungslisten. Bezahlen soll das dann gefälligst TUI. Dazu Information jedes einzelnen Anwohners im Vorwege. Und ich hätte ich mit diesen vier Stunden keine Probleme.

     

    Immerhin - über Geschmack lässt sich nun mal streiten - ist so ein Konzert ein Mehrwert für viele Hamburger.

  • tja ... mal so als Außenstehender gesagt: Diese Nummer hat meine Symphatie für die Autonomen in der Roten Flora und im Schanzenviertel auf einen Schlag verhundertfacht.

     

    Wie bescheuert muß eine Stadtregierung sein, um so einen Dreck zuzulassen? Dem geld nachlaufen, OK - aber in den Arsch kriechen? Würde ich da wohnen, und an dem Tag besuch erwarten, dann wäre die Hölle los: Verfassungsbruch, weil wegen einer Schlagertante mein Wohnung abgeriegelt wird.

     

    Ehrlich, Leute: Solche Sachen gehen genau gar nicht. Jetzt habe ich einen ganz anderen Blick auf Ereignisse, die ich vorher für Unfug gehalten habe. Aber sowas von.

  • Habe ich da eben "Diva" gelesen? Das bedeutet "göttlich".

    Die korrekte Bezeichnung muss "Schlagerfuzzin" heißen.