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Konservativer Streit um FlüchtlingeVon Obergrenze abgegrenzt

Bayerns Innenminister Herrmann (CSU) hat Abstand von einer Obergrenze für Flüchtlinge genommen. Zuvor sprach sich bereits Schäuble gegen eine Obergrenze aus.

Ringen um den richtigen Kurs: Herrmann (links) neben Seehofer (rechts) auf CSU-Vorstandssitzung Foto: dpa

Düsseldorf/Berlin dpa/rtr | In der Debatte um eine Obergrenze für Flüchtlinge hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann eine flexiblere Position der CSU angedeutet.

Vor dem für Sonntag geplanten unionsinternen Treffen sagte Herrmann der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post: „Wir sagen jetzt: Anstatt alle, die nicht politisch verfolgt werden, an der Grenze zurückzuweisen – was rechtlich möglich wäre – legen wir eine Größenordnung fest, wie viele Flüchtlinge wir der Erfahrung nach integrieren und verkraften können.“ Die CSU habe das Asylgrundrecht nie in Frage gestellt: „Es hat in der CSU-Führung nie jemand von einer Beschränkung des Asylrechts gesprochen“, betonte Herrmann.

Weiter sagte der CSU-Politiker, dass nur ein Prozent der Asylbewerber asylberechtigt im Sinne des Grundgesetzes sei. Das spiele zahlenmäßig überhaupt keine Rolle. Man brauche daher auch keine Verfassungsänderung für die Obergrenze, wie manche glaubten. „Alle anderen, die aus einem sicheren Nachbarland wie Österreich oder Frankreich zu uns kommen, können sich nicht auf diesen Artikel 16a des Grundgesetzes berufen und müssten dort Asyl beantragen, wo sie in die EU eingereist sind“, sagte Bayerns Innenminister.

Nach Angaben von Herrmann gehen die Flüchtlingszahlen weiter zurück. In diesem Jahr würden bis Jahresende deutlich weniger als 200 000 erwartet. Dies war die Zahl, die die CSU bisher immer als Obergrenze genannt hatte.

Zuvor hatte der scheidende Finanzminister Wolfgang Schäuble abgelehnt, eine Obergrenze für Flüchtlinge in den Koalitionsvertrag aufzunehmen. „Juristen wissen, dass überflüssige Dinge nicht extra erwähnt werden müssen“, sagte der CDU-Politiker der Feiertagsausgabe der Zeitung Bild am Sonntag laut Vorabbericht. Hier werde ein Scheinstreit geführt, obwohl es inhaltlich keine wirklichen Differenzen gebe. Zugleich verteidigte Schäuble die Willkommenskultur in der Flüchtlingskrise: „Auf die große Hilfsbereitschaft der Deutschen in der Flüchtlingskrise werden noch unsere Kinder stolz sein.“

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3 Kommentare

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  • Die "Obergrenze" hat Seehofer ins Spiel gebracht und sie seit 2015 munter vor jeder Kamera herumgescheucht. Dabrauchte der bayerische Innenminister gar nichts dazu sagen. Nur irgendwie wohlgefällig nicken, wenn der Rest der GroKo-Bundesregierung brav über Seehofers Stöckchen sprang.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Jetzt habe ich ausschließlich wegen der Obergrenze die CSU gewählt. Und jetzt das.

    Also Seehofer, das ist mir jetzt doch eine Drehung zu viel. Wenn Du Deine Leute nicht im Griff hast, dann ist es Deine Sache. Ich hatte mich beruhigt ins Bett gelegt, weil ich dachte, die CSU ist die einzige saubere Partei, wo man gegen Flüchtlinge sein Kreuz machen kann und die auch nicht davor zurückscheut, dieser Frau Merkel die Leviten zu lesen.

    Ich habe zum letzten Mal CSU gewählt. Meine Obergrenze ist damit erreicht.

    (Ich habe gar nicht CSU gewählt, aber das braucht der Seehofer nicht zu wissen. Er soll nur ein schlechtes Gewissen bekommen wegen seines Wählerbetrugs).

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Diese Demagogen!

    Da ist das Wort aus der Kritischen Theorie schon völlig richtig gebraucht!

     

    Erst wie der Goethe'sche Zauberlehrling Zaubersprüche aufsagen, die man nicht versteht und wenn dann die "Geister" kommen, die man mit dem Zauberwort "Obergrenze" herbeigerufen hat, gibt es keinen Meister, der es wieder richtet.

     

    Medien (und so genannte Extremismusforscher) haben dabei super mitgemacht und in ganz Deutschland diese bayrische Lokalmeinung als "Stimme der Vernunft" verbreitet, die einer "nach links gerutschten" CDU was entgegensetzt (wie die AfD eben auch). Der bayrische CSU-Wahlkampf war außerhalb Bayerns immer in Wahlkampf gegen die CDU und für die AfD!

     

    Die territoriale Teilung in der Union ist sowieso aus demokratietheoreischer Sicht nicht zu halten. Bayern ist wie die DDR für CDU-Wähler, da war die auch verboten. Es nimmt sich die CDU-Bundespartei heraus, die Gründung von CDU-Verbänden in Bayern zu verbieten.

    Das soll demokratisch sein? Das ist so demokratisch, wie eine Wahlurne in 2.20m Höhe anzubringen.