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Konservative AntifeministInnen in ItalienDer Kampf für die „natürliche Familie“

Die Regierung in Rom hält die Schirmherrschaft, wenn sich der ultrakonservative „World Congress of Families“ trifft. Dagegen regt sich Widerstand.

30 August 2014: Protest gegen den World Congress of Families in Melbourne Foto: dpa

Berlin taz | Dass die rechtsextreme italienische Regierungspartei Lega und der christlich-fundamentalistische World Congress of Families enge Allianzen pflegen würden, war bereits klar, als Innenminister Matteo Salvini eine erste Grußbotschaft ans Kongresspublikum schickte: „Ihr Kampf für die natürliche Familie ist für das Überleben der Menschheit unerlässlich“, ließ er im moldauischen Chişinău verlesen, wo der Kongress 2018 stattfand. Der nächste World Congress of Families, kündigte dessen Chef Brian Brown dort an, würde im norditalienischen Verona stattfinden.

Seit Kurzem ist klar, wer die Schirmherrschaft über den veronesischen Kongress zwischen dem 29. und 31. März übernehmen wird: die italienische Regierung. Zudem ist nun eine erste Liste von RednerInnen online: Sowohl Salvini als auch der italienische Familienminister Lorenzo Fontana werden auf der Webseite des Kongresses angekündigt.

Sogar der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, wird sprechen. Und auch die deutsche Fürstin Gloria von Thurn und Taxis ist unter den insgesamt 41 bislang angekündigten Personen, die in Verona auftreten. Sie alle sollen, so ist auf der Webseite zu lesen, „die natürliche Familie als einzige stabile und grundlegende Einheit der Gesellschaft“ bestätigen, feiern und verteidigen.

Der World Congress of Families ist eines der zentralen Treffen religiöser Rechter und konservativer AntifeministInnen, die die „natürliche Ehe und Familie“ als die aus Mann, Frau und möglichst vielen Kindern definieren. Damit einher geht die Verteufelung von Schwangerschaftsabbrüchen sowie Rechten von LGBTI. NGOs wie die US-Bürgerrechtsorganisation Southern Poverty Law Center listen deshalb den Kongress als „Hate Group“.

In seinem ersten Interview nach Amtsantritt als Familienminister hatte Lorenzo Fontana gesagt, eines seiner Hauptanliegen sei, die italienische Geburtenrate zu erhöhen und den Kampf gegen Schwangerschaftsabbrüche zu verstärken. Tajani, ein Weggefährte Berlusconis, hatte sich in den Zeiten vor seiner Parlamentspräsidentschaft dezidiert gegen Abtreibungen und die Ehe für alle ausgesprochen, noch 2016 nahm er an einer Demonstration gegen deren Einführung teil. Und Fürstin Gloria von Thurn und Taxis unterstützte im September die deutsche homo- und transphobe „Demo für alle“ in München.

Protestaktionen und Demonstrationen

In Italien regt sich unterdessen Protest. Die Senatorin der Partei Più Europa, Emma Bonino, und der Abgeordnete Riccardo Magi stellten am Donnerstag eine parlamentarische Anfrage, um die Bedingungen der Schirmherrschaft erläutert zu bekommen. Die beiden Abgeordneten forderten von ­Ministerpräsident Giuseppe Conte Klarheit darüber, ob der Kongress aus öffentlichen Mitteln finanziert wird und ob er die Möglichkeit in Betracht ziehe, die Schirmherrschaft zu widerrufen. Magi nannte die Schirmherrschaft einen „Schlag gegen die grundlegenden Prinzipien der Gleichheit und Diskriminierungsfreiheit unserer Verfassung“.

Die Aktivistinnen der feministischen Initiative „Non una di meno“ („Nicht eine weniger“) organisieren bereits Protestaktionen und Demonstrationen parallel zum Kongress in Verona. So sollen etwa am Sonntag auf einer Veranstaltung die feministische Aktivistin und Journalistin Marta Dillon aus Argentinien, die stellvertretende Direktorin des Center for Humanities and Social Change der Berliner Humboldt-Universität, Eva von Redecker, und die feministische Theoretikerin Adriana Zaharijević von der Universität Belgrad auftreten.

„Wir bekommen Solidaritätsbotschaften aus der ganzen Welt“, sagt die Aktivistin Laura Sebastio von „Non una di meno“. Man wolle eine internationale Antwort aus Verona auf die regressive Politik des Kongresses, die von italienischen Institutionen unterstützt werde.

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4 Kommentare

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  • Rechte Parteien brauchen Minderheiten-Diskriminierung als klassenübergreifendes Programm.

    Vielleicht gäbe es etwas weniger Schwangerschaftsabbrüche, wenn die Betreuungsangebote besser sind. Dies dürfte von den eher neoliberalen Wirtschaftsprogrammen der rechten Parteien jedoch kaum zu erwarten sein.

  • Könnte mir jemand erklären, warum es politisch nur



    "Verteufelung von Schwangerschaftsabbrüchen sowie Rechten von LGBTI" und "natürliche Ehe und Familie" gibt?



    Kann man in Zahlen darlegen, dass die Marginalisierung anderer Lebensmodelle zu mehr Kinder führt oder warum ist das entsprechendes Beiprodukt recht(er/sextremer) Regierungen?

    Es ergibt sich mir logisch nicht, warum man die Rechte von Ehepartnern nicht an Hand der Kinderanzahl festmachen sollte.



    (betreuend etc)



    Ursprünglich war das Familienbild auch zur Zerstörung der Sippe (Vertrauen auf den Staat) gedacht, was ich hier jedoch als zweckentfremdet betrachte.

    • @marxscheEffizienz:

      Aus meiner Sicht ist die öffentliche Diskriminierung von Minderheiten (insbesondere von unbedeutenden) ein wichtiges Instrument von Rechtspopulisten, um Ihre politische Wirksamkeit zu beweisen. Aufstrebende Gruppierungen, die gesellschaftliche Anerkennung einfordern, eignen sich besonders gut dazu.

      • @Ward Ed:

        Also die Gruppe als Neid- und Sündenbockziel?



        (zur Etablierung eines ideologischen Kollektivismus? Oder wie funktioniert das konkreter?)

        Wäre es hier nicht sinnvoller (auch) mit Fakten dagegen vorzugehen(gesellschafltiche Leistung anderer Lebensmodell etc)?