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Konsequenzen der KriseAttac lädt zum Banken-Tribunal

Merkel, Schröder und Ackermann vors Tribunal? Das Netzwerk Attac will mit dieser Aktion vom 9. bis 11. April in Berlin die Ursachen der Finanzkrise anschaulich machen.

Logo Attac-Bankentribunal. Bild: attac

BERLIN taz | Wenn sonst niemand die Verantwortlichen der Finanzkrise zur Rechenschaft zieht, dann muss man es eben selbst tun. Das hat sich das globalisierungskritische Netzwerk Attac gedacht und lädt ein zum großen Banken-Tribunal. "Die intransparente und undemokratische Bankenrettung zeigt besonders prägnant, wie Politik und Wirtschaft sich weigern, die notwendigen Konsequenzen aus der Krise zu ziehen", sagte Jutta Sundermann vom Attac-Koordinierungskreis. "Um dem etwas entgegenzusetzen, brauchen wir einen zivilgesellschaftlichen Prozess." Dazu sei das Bankentribunal ein Auftakt.

Anklagen will Attac die derzeitige Bundesregierung und die beiden Vorgängerinnen, vertreten unter anderem durch Gerhard Schröder, Peer Steinbrück (beide SPD) und Angela Merkel (CDU). Auch Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann und der frühere Bundesbankpräsident und Chef-Kurator der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Hans Tietmeyer, sollen auf der Anklagebank sitzen. Attac wirft ihnen "Aushöhlung der Demokratie und Vorbereitung der Krise" vor, "Zerstörung der ökonomischen Lebensgrundlagen in Nord und Süd", sowie "Verschärfung der Krise". Die Vorladungen für die Angeklagten seien bereits Ende Februar verschickt worden. Die Anklageschrift würde ihnen in diesen Tagen zugestellt.

Attac greift zur Selbstjustiz? Beim Tribunal gehe es nicht darum, Sündenböcke ins Rampenlicht zu stellen, betont Sundermann - auch wenn sie sich persönlich freuen würde, wenn Ackermann mal zu zehn Jahren Einkommen auf Hartz IV-Niveau verdonnert werde. "Wir wollen die systemischen Ursachen der Krise einem breiten Publikum in spannender Form anschaulich machen", sagt Sundermann.

Das Bankentribunal, das vom 9. bis 11. April in der Volksbühne in Berlin stattfindet, bildet den Höhepunkt der diesjährigen Kampagne von Attac rund um die Finanzkrise. Diese Form der Protestveranstaltung geht zurück auf das Russell-Tribunal, das 1966 von dem britischen Mathematiker und Philosophen Lord Bertrand Russell ins Leben gerufen wurde, um US-amerikanische Kriegsverbrechen im Vietnamkrieg zu untersuchen.

Für das Bankentribunal in Berlin hat sich Attac auch um prominente Verteidiger bemüht: Als Ankläger und Zeugen sollen unter anderem der ehemalige Manager-Magazin-Chefredakteur, Wolfgang Kaden auftreten, der globalisierungskritische Buchautor und Journalist Harald Schumann sowie die kenianische Menschenrechtsaktivistin Wangui Mbatia. Als RichterInnen sind unter anderem der Sozialethiker Friedhelm Hengsbach, taz-Wirtschaftskorrespondentin Ulrike Hermann sowie der Darmstädter Sozialrichter Jürgen Bochert vorgesehen. "Dieses Tribunal ist überfällig, denn das politische System zeigt keine ernsthafte Bereitschaft zur Selbstkritik", begründete Borchert seine Teilnahme. Es sei ihm deshalb "Ehre wie Verpflichtung", dem Tribunal als "Richter einer obersten Tatsacheninstanz" dienen zu dürfen.

Wie für Attac typisch, sollen auch bei einem Bankentribunal die Alternativen nicht zu kurz kommen. Nach der Urteilsverkündung ist ein "Forum der Alternativen" geplant, in dem Vorschläge zur Transformation des Finanzsektors diskutiert werden sollen.

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8 Kommentare

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  • TD
    Thomas DeMeziere

    so - ich finde es auch althergebracht. aber die anklageschrift von der homepage liest sich dann wieder ganz anders - nämlich differenziert und selbstkritisch.

     

    im übrigen besteht attac ausschließlich aus "anti-zionisten". das ist ganz klar. es bestehen auch große schnittmengen mit rechtsradikalen, die npd stellt die finanzierung.

     

    wieso denkt man hier nichtmal über sarrazin's produktivitäts-rassismus nach? ach so - er ist ja gar kein rassist, weil er ganz sauber zwischen juden und türken trennt. das sind schließlich unterschiedliche ethnologien, oder was? juden arbeiten halt im allgemeinen besser als araber. halleluja, gehirn bitte unters kopfkissen und niemals selbst benutzen!

  • WG
    Werner Gerhard

    full ACK@ EneMeneMiste,

    Richte nicht, auf daß du nicht gerichtest werdest. btw, hat eigentlich sonst schon mal jemand was von der Verteidigerbank gehört?

  • E
    EneMeneMiste

    Attac sollte mal lieber ihren Antizionismus (=Antisemitimus) und permanente Unterstuetzung totalitaerer Regime aufarbeiten.

     

    Sie sind keine Loesungen, sie sind Teil des eigentichen Problems.

  • C
    claudia

    attac hat ja in der Vergangenheit immer wieder durchdachte Vorschläge zur Wirtschafts- und Finanzpolitik gemacht. Nur: Die es anginge, haben keinen Grund, zuzuhören. Sie genießen die absolute Freiheit, zu tun was sie selber für gut halten und werden durch keinerlei demokratisches Korrektiv diszpliniert.

    Wie das halt so ist im Feudalismus.

     

    Auch das Tribunal werden sie ignorieren.

    Ein Gericht, das Herrschaften verurteilte, die mit der "legalen" Gerichtsbarkeit nicht erreichbar waren, gab es schon mal: Die Feme.

    Femegerichte haben dem verurteilten adligen Verbecher mitgeteilt, daß sie das Urteil vollstrecken werden, wenn ihn erwischen.

    So gesehen ist das Tribunal natürlich ein Tiger ohne Zähne und Krallen.

     

    Aber ich würde es nicht gleich in Bausch & Bogen verdammen:

    Eine qualifizierte Gegenöffentlichkeit gegen die finanziell heftig ausgestattete Propagandatruppe "neue soziale Marktwirtschaft" ist bitter nötig.

  • A
    A.Grech

    "Wir wollen die systemischen Ursachen der Krise einem breiten Publikum in spannender Form anschaulich machen"

     

    So, so. Und wo ist da die Spannung? Anhand der im Artikel genannten Details sieht's nach einem selbstgerechten "Schauprozess" mit alten Bekannten und wenig Neuem aus.

  • KW
    kurt- willy kühl

    ATTAC ist klasse !! Ein solches Tribunal ist nun angebracht und notwendig.

    Und wenn ich F.L. recht verstehe erscheint dies TRIBUNAL sehr politisch- ideologisch NEUTRAL... eben die FAKTEN auf den TISCH..

    Und so empfinde ich dies TRIBUNAL als im Sinne der Idee und des Geistes der AUFKLÄRUNG , den Ideen des HUMANISMUS und den Ideen der sozialen EMANZIPATION des modernen Staates wohlbegründet.

    Dies TRIBUNAL ist somit im Interesse aller Bürger..

    (mit Ausnahme derer die etwas zu verbergen haben)

    Ich hoffe auf eine klare Berichterstattung durch die TAZ !!

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    Ein Tribunal ! Ein Event ! Gutes Entrüstungstheater !

    Was ist den Attac-Organisatoren hier eingefallen. Theater machen statt die Theoriegrundlage schaffen, die hinreichend ist, um den weltgeschichtlichen Exodus aus dem Wachstumszwang-Regime, aus dem Terror der Ökonomie, zu organisieren. Wenn das kein Unfähigkeitsbeweis ist! Tribunale sind Theaterveranstaltungen, ist politischer Kindergarten. Die Ignoranz der Ancien-régime-Mächtigen wird, wie am Beispiel Erich Honecker, zu deren Sturz führen - aber nicht nach der 99 Theateraufführung, sondern erst nachdem eine hinreichende, operationale Evolutionsprozesstheorie uns die wirtschafts- und machtpolitischen Instrumente für den gesteuerten Exodus in die Hand legt.

     

    Mein Verdacht ist: die Attacspitzen wollen die Existenz ihrer Organisation wohl nicht dadurch gefährden, dass ihr Gegner gestürzt wird und eine andere Weltordnung entsteht.

  • U
    Uwe

    Ich würde noch Albrecht Müller von Nachdenkseiten einladen bzw. die kritische Autorin Naomi Klein aus Amerika.