Konsequenz aus Finanzskandal: Irlands Häuptling kündigt Rücktritt an

Nach knapp elf Jahren Amtszeit stürzt der irische Premierminister Bertie Ahern über eine Finanzaffäre. Im Mai will er sein Amt und den Vorsitz der Partei Fianna Fáil niederlegen.

Nach elf Jahren im Amt erklärte Ahern in einer Pressekonferenz seinen Rücktritt wegen Korruptionsvorwürfen. Bild: ap

DUBLIN taz Er war einer der am längsten amtierenden Premierminister in Europa. Gestern Mittag gab Irlands Bertie Ahern seinen Rücktritt bekannt. Bis zum 6. Mai will er noch im Amt bleiben, damit er Ende dieses Monats als erster irischer Premier vor dem US-Kongress sprechen kann. Danach gibt er Amt und Parteivorsitz auf.

Ahern bestritt gestern in einer emotionalen Pressekonferenz, dass sein Rücktritt irgendetwas mit finanziellen Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung zu tun habe, deretwegen er sich seit anderthalb Jahren vor einem Tribunal verantworten muss. "Ich habe niemals korruptes Geld angenommen", beteuerte er. "Meine Entscheidung beruht einzig und allein auf der Frage, was am besten für das Volk ist." Sie war ihm allerdings von seinen Parteifreunden und vor allem von seinen Koalitionspartnern nahegelegt worden.

Schon voriges Jahr war Ahern nur deshalb zum dritten Mal hintereinander als "Taoiseach" - also "Häuptling", wie der offizielle Amtstitel auf Irisch lautet - wiedergewählt worden, weil ihn die Grünen, die Progressiven Demokraten sowie einige unabhängige Abgeordnete unterstützten, obwohl schon damals zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei seinen privaten Finanzen ans Licht gekommen waren.

Vor anderthalb Jahren musste Ahern zugeben, dass er in den 90er-Jahren Geld von Geschäftsleuten erhalten habe. Das sei jedoch nicht illegal gewesen, betonte er in einem Fernsehinterview, fügte aber hinzu: "Ich bedaure die Entscheidungen, die ich in jenen schwierigen und dunklen Zeiten getroffen habe. Ich und die mir nahestehenden Personen sind über die Verwirrung der Öffentlichkeit wegen der jüngsten Enthüllungen sehr bestürzt."

Mit den "dunklen Zeiten" meint Ahern die Trennung von seiner Frau Anfang der 90er-Jahre. Obwohl er damals Finanzminister war, besaß er kein Bankkonto. Als die Scheidung durchgestanden war, eröffnete Ahern eine ganze Reihe von Konten, auf die mysteriöse Zahlungen eingingen. Es habe sich dabei um "Darlehen von guten Freunden" gehandelt, behauptete Ahern. Zurückgezahlt hat er sie nie.

Es blieben weitere Lücken und Widersprüche. Selbst bei größeren Summen konnte sich Ahern nicht an die Herkunft des Geldes erinnern. Insgesamt geht es um fast eine halbe Million irischer Pfund, über die das Tribunal gerne Auskunft hätte, zumal darauf damals keine Steuern bezahlt wurden. Erst Ende vorigen Jahres überwies Ahern schnell 70.000 Euro pauschal an das Finanzamt.

Bertie Ahern wurde 1951 im ärmeren Teil Dublins geboren, 1977 ins Parlament gewählt. Von 1991 bis 1994 war er Finanzminister, bevor ihn seine Partei Fianna Fáil, die "Soldaten des Schicksals", zum Vorsitzenden wählte.

Drei Jahre später gewannen die Schicksalssoldaten die Wahlen, und Ahern wurde jüngster "Taoiseach" aller Zeiten. Er gab sich gerne volksnah, trank regelmäßig in der Eckkneipe sein Guinness und verhalf dem Anorak zu neuem Ansehen.

Nur wenige Wochen bevor Ahern sein Amt antrat, war Tony Blair zum britischen Premier gewählt worden. Beide engagierten sich für eine politische Lösung des Nordirlandkonflikts. Die Bildung einer Regionalregierung in der ehemaligen Krisenprovinz vor einem Jahr ist in den politischen Nachrufen beider Politikern der wichtigste positive Punkt. Das irische Wirtschaftswachstum, das sich Ahern gerne zugutehält, hatte jedoch schon lange vor seinem Amtsantritt eingesetzt. Aherns Nachfolger wird höchstwahrscheinlich Finanzminister Brian Cowen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.