Konkurrenzkampf: Bücking will Senator werden
Bei der Senatorenkür der Grünen am 11. Juli will Robert Bücking gegen Joachim Lohse für den Posten als Bausenator antreten.
Wenn die Landesmitgliedersammlung am 11. Juli darüber abstimmt, wer als Bausenator nominiert werden soll, will Robert Bücking seinen Hut in den Ring werfen. Mit dem Vorschlag des Landesvorstandes, dass die bisherigen drei Senatoren so weiter machen, ist er nicht einverstanden. Er habe das „in der Nacht nach der letzten Runde der Koalitionsverhandlungen gegenüber der Verhandlungskommission und dem Landesvorstand erklärt“, so Bücking zur taz.
Bücking ist ein Außenseiter in den inneren Machtzirkeln der Grünen, das ist ihm klar. Bei der Kandidatenaufstellung sind alle seine Bemühungen, auf einen der vorderen Listenplätze zu kommen, gescheitert. Vom Platz 16 aus eroberte er sich dann seinen Platz ganz vorn – er erhielt mehr Personenstimmen als die beiden SenatorInnen Anja Stahmann und Joachim Lohse.
Gestern musste er nicht nur Fragen zu seiner Kandidatur beantworten. Was bedeutet es für einen grünen Umweltpolitiker, wenn aufgrund der Klage des BUND die von der rot-grünen Landesregierung mitbetriebene Vertiefung der Weser erst einmal gestoppt worden ist? „Das ist ein Erfolg der grünen Sache“, formuliert Bücking diplomatisch und verbindet das mit einem „sehr großen Kompliment an Martin Rode und den BUND“, der diese Klage bis zum Ende durchgesetzt hat. Bücking sieht in dem Urteil eine Trendwende für das Verhältnis von Bremen zur Weser.
„Die bremische Beteilung an den Terminals in Wilhelmshaven kann jetzt ganz wertvoll werden“, sagt er. Denn die weitere Unterweservertiefung sei mit dem Urteil nicht mehr durchführbar: „Der Europäische Gerichtshof verpflichtet die Politik, das Verschlechterungsverbot für den Zustand der Weser ernst zu nehmen und schraubt die Latte sehr hoch.“ Warum konnten die Grünen diese Trendwende als Regierungspartei nicht durchsetzen? „Das ist schmerzhaft, aber als Partei hatten wir nicht die Kraft, diese 100-jährige Tradition, die der Weser alles abverlangt, aufzubrechen.“ Die Bremer Staatsraison sei stärker gewesen als die ökologische Vernunft.
62, ist als „Schülerrebell“ in Bremen auffällig geworden: „Wir haben uns damals an keine Regeln gehalten“, stellt er fest.
1970 flog er vom Gymnasium. In Hannover konnte er Abitur machen und begann eine Lehre als Werkzeugmacher. „Die haben mich umerzogen“, sagt er heute, hätten ihm den „proletarischen“ Zahn gezogen.
Bei den Pfadfindern am Hulsberg wurde Bücking ABM-Kraft, später Designer.
1994 bewarb er sich als Ortsamtsleiter – 20 Jahre lang war er ein auch von der lokalen CDU respektierter „Viertelbürgermeister“.
Die Weser ist für Bücking eine zentrale Achse der bremischen Stadtpolitik. Auf den grünen Umweltsenator Ralf Fücks Anfang der 1990er-Jahre geht dieser Gedanke zurück, den Bücking als Bausenator fortspinnen will: Die Weser solle als „pittoresker Reichtum“ für neue Wohnungen genutzt werden und noch mehr: Wenn die Deiche zur Neustadtseite mit erheblichen Investitionen erhöht werden müssen, dann könne man überlegen, wie diese Seite der Weser städtebaulich so eine Bedeutung für die Stadt bekommen könne wie die rechte Weserseite, so Bücking.
Am Hohentorshafen gebe es große Flächenbrachen, die für Stadtentwicklung und Wohnungsbau entdeckt werden müssten – bis hin zum Brinkmann-Gelände.
Bücking setzt auf seiner Erfahrung als Ortsamtsleiter: Städtebauliche Kontroversen um das Weser-Stadion, um das Hulsberg-Gelände, um das Sielwall-Eck und um den Bahnhofs-Vorplatz hat er erfolgreich gemanagt. Als Bausenator würde er betroffene Bürger und Bürgerinitiativen so in die Planungsdebatten einbeziehen, dass sie ihre Interessen mit Gewicht einbringen könnten in einen größeren städtebaulichen Kontext und am Ende nicht ein tiefer Graben zwischen schlichten Veto-Bürgern und Ressort entstehe.
Für die vielen Studenten, die in Bremen ihr Examen machen, würde er in Bremen Perspektiven schaffen wollen – „stadtpolitische Dialoge laufen anders, wenn Leute beteiligt sind, die dahin wollen“, sagt er.
All das traue er sich zu. Seine Kandidatur sieht er nicht als Affront gegen die Grünen, sondern als Angebot: „Die SPD geht mit zwei neuen Gesichtern in die neue Regierungsperiode – und die Grünen machen alles so weiter wie bisher?“, fragt Bücking. „Können wir uns das erlauben – mit einem geschwächten Sozialressort und einer Finanzsenatorin, die noch härtere Botschaften verkünden muss?“
Es bleibe das Ressort für Bau, Umwelt und Verkehr, um wieder besseren Kontakt zu bekommen mit der Stadt, erklärt Bücking, „um sichtbar zu machen, wofür wir stehen“. Die Grünen müssten ein neues Signal senden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Foltergefängnisse in Syrien
Den Kerker im Kopf
Getöteter General in Moskau
Der Menschheit ein Wohlgefallen?
Wirtschaft im Wahlkampf
Friedrich Merz und die Quadratur des Kuchens
Ministerpräsidentenwahl in Sachsen
Der Kemmerich-Effekt als Risiko