Konkrete Vorgaben fehlen: EU fordert höheren Mindestlohn
Die EU-Kommission geht mit Deutschland in Sachen Mindestlohn hart ins Gericht. Sozialdemokraten und Grüne reagieren dennoch enttäuscht.
Die Behörde schreckt auch vor Eingriffen in die nationalen Lohnfindungs-Systeme zurück. „Heute legen wir einen Rahmen für Mindestlöhne vor, der die nationalen Traditionen und die Tariffreiheit der Sozialpartner uneingeschränkt achtet“, betonte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Einen EU-weiten Mindestlohn werde es nicht geben. Vielmehr setzt Brüssel auf eine bessere „Governance“. Die Behörden und Sozialpartner sollten verstärkt darauf achten, dass Tarif- und Mindestlöhne ein würdiges Leben ermöglichen und an Produktivitätsfortschritte angepasst würden.
In Deutschland sei dies bisher nicht der Fall gewesen, so der Experte. „Es darf nicht sein, dass Menschen, die einer Arbeit nachgehen, Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen“, erklärte Sozialkommissar Nicolas Schmit. Der Mindestlohn müsse „angemessen“ sein – als Richtwert gelten 60 Prozent des Medianlohns in einem Land.
Damit bleibt offen, ob das Ziel der „Aufwärts-Konvergenz“ – also steigender Löhne – erreicht werden kann. Bisher überspringen nur zwei EU-Länder – Portugal und Bulgarien – die 60-Prozent-Schwelle, Deutschland liegt weit darunter. Gegen ein verbindliches Ziel hatten sich die Arbeitgeber gestemmt. Auch Schweden sagte Nein – das Land kennt keinen Mindestlohn, sondern setzt auf Tarifverträge.
Sozialdemokraten und Grüne reagierten enttäuscht. „Ohne klare, europaweite Messlatte wird es nicht die erhoffte Konvergenz und Angleichung der Löhne in Europa geben“, kritisierte die SPD-Europaabgeordnete Gaby Bischoff. Der Vorschlag aus Brüssel sei wichtig, greife aber zu kurz.
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