Konjunkturpaket II verabschiedet: Der letzter Akt im Bundesrat
Niedrigere Steuern und Kassenbeiträge sowie höhere Investitionen in Straßen und Schulen sind beschlossene Sache. Die Kfz-Steuer dreht noch eine Runde durch den Vermittlungsausschuss.
BERLIN taz Er hob die Hand dann doch. Kurz zuvor hatte Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger am Rednerpult des Bundesrats noch erläutert, dass er eine rückwirkende Anhebung des Steuerfreibetrags für illusorisch halte, dass mit ihm "eine Steuersenkung auf Pump nicht zu machen" sei. Gemeinsam mit sechs weiteren Ministerpräsidenten der Union, die überwiegend ähnliche Ansichten vertreten, stimmte er dann aber für einen Antrag, der genau dies verlangte: noch einmal über Steuersenkungen nachzudenken, ohne Rücksicht auf die Haushaltslage, rückwirkend zum 1. Januar 2009.
Es geschah der FDP zuliebe, die an fünf Landesregierungen beteiligt ist. Ohne sie hätte die Länderkammer am Freitag nicht das zweite Konjunkturpaket der Bundesregierung ohne Änderung beschließen können, nachdem das schwarz-grüne Hamburg auf einer Nachbesserung bestand. In der Praxis bleibt der Entschließungsantrag jedoch folgenlos. Es war zugleich die vermutlich letzte Demonstration der Bundesratsmehrheit von Union und FDP, die im Sommer vermutlich verloren geht. Nach derzeitigen Umfragen hat die CDU wenig Chancen, ihre Alleinherrschaft im Saarland und in Thüringen zu verteidigen.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck kritisierte, in dem von Niedersachsen eingebrachten Entschließungsantrag werde die "Quadratur des Kreises" gefordert. "Ich halte das für politische Scharlatanerie", sagte Beck. "Es mag ja sein, dass man sich politisch Brücken baut. Aber es darf nicht so weit von der Realität entfernt sein."
In den Vermittlungsausschuss schickten die Ländervertreter dagegen die Neuregelung der Kfz-Steuer, die nicht Bestandteil des eigentlichen Konjunkturpakets ist. Nicht dass sie etwas dagegen hätten, dass sich der Steuertarif künftig am Ausstoß des Treibhausgases CO2 orientieren soll. Die Ministerpräsidenten stört, dass sie infolge der Reform nach ihren Berechnungen pro Jahr 55 Millionen Euro weniger einnehmen als bisher.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hielt den Ländern entgegen, der Bund trage 85 Prozent der Kosten des Konjunkturpakets, das neben Steuersenkungen und niedrigeren Krankenkassenbeiträgen auch Investitionen in Verkehrswege und Schulen vorsieht. Die kollektive Blockade der Länder bei der Kfz-Steuer, angeführt vom SPD-regierten Rheinland-Pfalz, halte er deshalb für "verhältnislos". Der schleswig-holsteinische Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) sagte dagegen, man lasse sich von Steinbrück nicht als eine "Runde von Kleinkrämerseelen" abstempeln.
Den Vorsitz in der Länderkammer führt derzeit turnusgemäß der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU). Müller hatte nach dem inszenierten Eklat um die Bundesratsabstimmung zur Zuwanderung vor sieben Jahren eingeräumt: "Das war Theater, aber legitimes Theater." Er sagte das auf einer Veranstaltung unter dem Titel "Politik und Theater - Darstellungskunst auf der politischen Bühne".
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