Konjunktur der schwimmenden Dreckschleudern: Kreuzfahrer kommen in Scharen
Die Saison der Luxusliner im Norden beginnt, und es werden Rekorde erwartet. Das Geschäft boomt, doch viel sauberer sind die Schiffe immer noch nicht.
Das gediegene Ambiente an Bord der „QE2“ will die Hamburger Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) nutzen, um über die Planungen im Hafen zu informieren. Klar ist bereits, dass es am Terminal in der Hafencity weniger Platz geben wird, weil hier mit dem Bau des südlichen Überseequartiers begonnen wird. Dabei wird auch das provisorische Terminal aus übereinander geschichteten Containern entfallen. Künftig wird die Abfertigung der Passagiere im Erdgeschoss eines Luxushotels stattfinden, das direkt an die Kaikante gebaut werden soll. Das Terminal mit zwei Liegeplätzen soll mehr als 3.000 Passagiere gleichzeitig abfertigen können.
In diesem Jahr steuern nach Angaben des Betreibers Cruise Gate Hamburg noch 27 Passagierschiffe das Hafencity-Terminal an, etwa ein Achtel der insgesamt erwarteten Schiffsanläufe. 200 Schiffsanläufe mit mehr als 800.000 Passagieren erwartet Cruise Gate in diesem Jahr – der Rekord des gerade erst zu Ende gegangenen Jahres 2016 mit 171 Schiffsanläufen und 710.000 Passagieren wird nicht lange halten. Hamburg wird damit seinen Platz als drittgrößter Kreuzfahrthafen Nordeuropas hinter Kopenhagen und Southampton festigen. Stammgast wird weiterhin die „Aida Prima“ sein, die vom Terminal Steinwerder wöchentlich zu Trips auf die Nordsee aufbricht. Erwartet werden zudem zusätzliche Gäste, die sich von der Elbphilharmonie zu einem Zwischenstopp in Hamburg verleiten lassen.
Weiter im Aufwind sieht sich auch Rostock-Warnemünde. 2017 erwartet der Ostseehafen fast so viele Fahrgäste wie Hamburg: 800.000 Passagiere bei 192 Anläufen sollen es werden. Die Kreuzfahrtsaison an der Ostsee läuft vom 27. April bis 12. Oktober. In Kiel werden zwischen 9. April und 21. Oktober 128 Schiffe mit rund 420.000 Passagieren erwartet. Ein Höhepunkt der Saison ist die traditionelle Kieler Woche vom 17. bis 25. Juni, zu der 15 Kreuzfahrtschiffe einlaufen sollen. Bremerhaven will mit fast 100 Schiffen und 150.000 Fahrgästen ebenfalls Rekorde aufstellen.
Für Frachter und Kreuzfahrtschiffe gelten künftig deutlich schärfere Umwelt- und Klimavorschriften.
Ab 2020 dürfen weltweit nur noch Treibstoffe eingesetzt werden, die höchstens 0,5 Prozent Schwefel enthalten. Bislang lag der Grenzwert bei 3,5 Prozent. Das hat die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO im Oktober in London beschlossen.
Ab 2019 müssen alle Reedereien ihren Brennstoffverbrauch zur Auswertung an die IMO übermitteln. Eine verbindliche Entscheidung für weitere CO2-Minderungsmaßnahmen soll dann 2023 „auf Grundlage einer soliden Datenbasis“ fallen.
Auch der Naturschutzbund Nabu begrüßt die Maßnahmen. Dennoch sei der Schiffskraftstoff immer noch 500-mal so dreckig wie LKW-Diesel.
Deutlich schärfere Bestimmungen gelten auf Nord- und Ostsee. Seit Anfang 2015 dürfen dort Handels- und Kreuzfahrtschiffe sowie Fähren nur noch mit einem Treibstoff unterwegs sein, der 0,1 Prozent Schwefel enthält. Seitdem ist dort die Luftschadstoffbelastung durch Schiffe erheblich zurückgegangen.
Und der Boom beim Neubau von Kreuzfahrtschiffen hält an. Das belegt eine Studie der Bremer Agentur für Struktur- und Personalentwicklung im Auftrag der IG Metall Küste. Im Jahr 2010 wurden demnach 22 Luxusliner in europäischen Werften in Auftrag gegeben. 2015 waren es schon 40, im Vorjahr 55 Schiffe. Davon bearbeitet die deutsche Meyer-Werft 13 Aufträge in Papenburg im Emsland und sechs in ihrer Filiale im finnischen Turku.
2017 sollen zwei weitere Riesenschiffe die Meyer-Werft an der Ems verlassen, die für jede Schiffsüberführung in die Nordsee unter Protesten von Naturschützern extra aufgestaut werden muss: Die „World Dream“ soll sich im Herbst 2017 auf den Weg machen. Das mehr als 335 Meter lange Schiff soll Touristen in Asien herumschippern. Schon im Frühjahr geht die über 325 Meter lange „Norwegian Joy“ auf die Reise. Das Schiff der US-Reederei Norwegian Cruise Line soll vorwiegend chinesische Fahrgäste an Bord nehmen: China gilt der Branche als größter Zukunftsmarkt.
Kritisch sehen weiterhin Umweltschützer die Kreuzfahrerei. Sie weisen auf Beeinträchtigungen für Umwelt und Gesundheit durch schädliche Schiffsemissionen hin (siehe Kasten). Denn die regenerative Energieversorgung der Schiffe durch Landstrom oder verflüssigtes Erdgas (LNG) funktioniert entweder gar nicht oder nur in wenigen Fällen. Da gebe es, beklagt der Naturschutzbund Nabu, noch viel Nachholbedarf.
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