Kongress für Palliativmedizin: Hilfe zum Suizid o.k.
Bei der 9. Bremer Tagung zur Palliativmedizin sprechen 600 Experten über Sterbebegleitung und mehr Lebensqualität für unheilbar kranke Menschen.
BREMEN taz | Orientierung für die Zukunft soll der heute beginnende, neunte Bremer Kongress für Palliativmedizin bieten. Zu der zweitägigen Versammlung mit dem Titel „Weiß einer, wo es hier lang geht?“ werden mehr als 600 Experten erwartet.
Die Palliativversorgung soll die Lebensqualität schwerstkranker und sterbender Menschen erhalten und ein Sterben in Würde ermöglichen. Dabei konzentrieren sich die Fachkräfte auf die Linderung von Symptomen wie Atemnot, Angst oder Schmerz. Neben der medizinischen Versorgung geht es laut der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) auch um die „pflegerische, psychosoziale und spirituelle Behandlung und Begleitung“ der Patienten und ihrer Angehörigen.
Die Palliativersorgung sei in den letzten 25 Jahren bundesweit ausgebaut worden, so Karin Dlubis-Mertens von der DGP, es gebe aber, besonders auf dem Land, noch Lücken. Dabei existiere seit 2007 ein Rechtsanspruch auf ambulante Palliativversorgung.
In Bremen hingegen sei eine gute Versorgung möglich, meint Hans-Joachim Willenbrink, Chefarzt der Klinik für Schmerztherapie und Palliativmedizin am Klinikum Links der Weser und Leiter des diesjährigen Kongresses. Es gebe auf der Palliativstation des Klinikums zwölf Betten, außerdem kümmerten sich zwei ambulante Palliativdienste und zwei Hospize um die Patienten, erklärt der Experte.
Eine rechtliche Neuregelung der Sterbehilfe will die Bundesregierung. Über das Gesetz soll am 6. November entschieden werden.
Um ärztlich assistierten Suizid dreht sich die Debatte vor allem: Ärzte sollen Wissen und Fähigkeiten einsetzen, um dem Sterbewilligen Wege aufzuzeigen.
Um Beihilfe zum Suizid handelt es sich dabei aus rechtlicher Sicht. Diese ist in Deutschland erlaubt.
Eine Tötung auf Verlangen, also das Töten einer Person auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin, ist hingegen verboten.
Auch das Thema Sterbehilfe wird auf dem Bremer Kongress diskutiert. Obwohl sie täglich mit unheilbar Kranken zu tun haben, lehnen Vertreter der Palliativmedizin eine Tötung auf Verlangen ab. Diese lasse sich nicht mit den Ideen der Palliativmedizin vereinbaren, so Dlubis-Mertens. Davon zu unterscheiden sei aber die Beihilfe zum Suizid, die in Deutschland erlaubt ist. Entscheidend dabei sei, dass der Patient das Mittel selbstständig nehme, erklärt Dlubis-Mertens.
Für Ärzte ist die Situation allerdings anders. Nach Standesrecht könne die Beihilfe zum Berufsverbot führen, so Willenbrink. Denn die Musterverordnung der Bundesärztekammer von 2011, die neben der Bremer von neun weiteren Landesärztekammern ohne Änderungen übernommen wurde, verbietet Ärzten die Hilfe zur Selbsttötung. Für Willenbrink ist das eine moralische Keule.
„Ich lehne Beihilfe zum Suizid nicht kategorisch ab“, sagt er. Allerdings gebe es in Sachen Sterbehilfe auch schwarze Punkte, selbsternannte Sterbehelfer, die zum Beispiel Gas bereitstellen. „Das finde ich genauso würdelos, wie jemanden in die Schweiz zu begleiten“, sagt Willenbrink. Zum Abschluss des Kongresses findet am Samstag eine Diskussionsrunde zum Thema Sterbehilfe statt.
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