Kongo wirft FDLR-Kämpfer raus: Zurück nach Ruanda

Die UN-Mission im Kongo schließt Lager mit Kämpfern der ruandischen FDLR-Miliz. Die mussten sie in den vergangenen Jahren durchfüttern.

Junge Männer in Freizeitkleidung

„Demobilisierte“ FDLR-Kämpfer im Lager von Kanyabayonga, 2015 Foto: Simone Schlindwein

KAMPALA taz | Sie müssen nach Hause, um der UNO Geld zu sparen: 746 Mitglieder der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) – die in der Demokratischen Republik Kongo kämpfende ruandische Hutu-Miliz, die teils von flüchtigen Tätern des ruandischen Völkermordes geführt wird – wurden in der vergangenen zwei Wochen aus Lagern im Kongo in ihre Heimat Ruanda zurückgebracht, die manche von ihnen seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen haben.

Die Mehrheit von ihnen sind Frauen und Kinder. Unter den Repatriierten Männern waren die wenigsten taugliche Kämpfer, die meisten Alte und Invaliden.

Die Rückführungsaktion war überfällig. Eigentlich hätten die vier Lager in Kanyabayonga und Walungu im Ostkongo, in der Stadt Kisangani und in der Provinz Équateur längst geschlossen werden müssen. Bei einem Gipfel 2017 hatten die Staatschefs der Region entschieden, bis 20. Oktober 2018 die Kämpfer und ihre Angehörigen nach Hause zu schicken.

Die FDLR-Führung hatte sich 2014 unter militärischem Druck bereiterklärt, einen Teil ihrer Truppen zu entwaffnen und ihre Kämpfer freiwillig zur Heimreise nach Ruanda zu bewegen, wenn sie internationale Rückendeckung erhalte, um mit Ruandas Regierung zu verhandeln. Diese Forderung hatte Ruanda, dessen Regierung die FDLR als Terrororganisation bekämpft, abgelehnt.

So kam es, dass die entwaffneten Kämpfer und ihre Familien zwar in von der UN-Mission im Kongo (Monusco) errichteten Lagern untergebracht wurden, sich aber kollektiv weigerten, nach Ruanda repatriiert zu werden.

Der Monusco sowie Kongos Regierung waren die Hände gebunden: Sie konnten die Demobilisierten nicht zurück in den Dschungel schicken, sie aber auch nicht gegen ihren Willen nach Ruanda bringen. Sie mussten die Exilkämpfer und ihre Familien vier Jahre lang durchfüttern – ein teures Unterfangen.

Nach Recherchen der taz behielt die FDLR-Führung, die im Ostkongo weiterhin aktive Kampfverbände unterhält, derweil die Kontrolle über ihre Leute in diesen Lagern.

Die Anwohner wollten die Milizionäre nicht

Die eingesperrten Kämpfer waren eine Gefahr für die lokale Bevölkerung. „Sie dürfen das Lager verlassen, um in der Umgebung nach Nahrungsmitteln zu suchen, wo sich auch anderen bewaffnete Gruppen aufhalten“, klagte jüngst Alfred Kambale, Chef der Zivilgesellschaft von Kanyabayonga in Nord-Kivu. Die Zelte der FDLR-Familien standen direkt neben einer Grundschule.

Die FDLR ist berüchtigt für systematische Vergewaltigungen, Entführungen und Tötungen.

FDLR-Sprecher Laforge Bazeye dramatisiert die Rückführung: Kongos Armee habe das Lager Kanyabayonga am 17. November „systematisch geplündert, belagert und besetzt“, die Ruander „wurden ohne Nahrung oder Wasser und ohne Hilfe für die Kranken in einen Graben geworfen“, behauptet eine FDLR-Pressemeldung: „Viele Kinder und dehydrierte Frauen sind ins Koma gefallen.“ Nach drei Tagen hätten kongolesische Soldaten sie „in Container geworfen“, um sie nach Ruanda zu bringen.

Nach ruandischen Angaben kam es bei der Schließung von Kanyabayonga zu keinerlei Gewalt. Das UN-finanzierte kongolesische „Radio Okapi“ meldet, die lokale Bevölkerung habe das Lager nach dem Abzug der Kämpfer zerstört.

Ruandas Regierung spricht in einer Erklärung von weiteren 800 FDLR-Mitgliedern, die bald erwartet würden. Die Frauen und Kinder werden in Ruanda in einem Flüchtlingslager medizinisch versorgt, die Kinder geimpft.

Die Männer werden im Demobilisierungszentrum Mutobo im Nordwesten Ruandas untergebracht. Dort durchlaufen sie ein 3-monatiges Wiedereingliederungsseminar, bevor sie in Ruandas Reservearmee integriert und in ein ziviles Leben entlassen werden.

In den vergangenen Jahren war das große Camp in Mutobo, das mehr als 400 Betten hat, fast leer. Im vergangenen Quartal hatten lediglich 33 Ex-Kämpfer das Seminar durchlaufen. Jetzt ist es wieder voll.

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