Konflikt zwischen Sudan und Südsudan: Angst vor Revolution beim Nachbarn
Nur wenige Monate nach der Unabhängigkeit Südsudans droht ein neuer Krieg mit dem Norden. Dort haben Hardliner des Militärs die Oberhand gewonnen.
JUBA taz | "Wenn der Süden Krieg will, sind wir bereit", sagte Sudans Präsident Omar al-Bashir vor kurzem. Sein südsudanesischer Amtskollege Salva Kiir antwortete: "Wir lassen unsere Souveränität von niemandem bedrohen." Südsudan ist erst seit Juli ein eigener Staat, aber das Verhältnis mit dem Sudan ist auf einem Tiefpunkt gelandet.
Sudan und Südsudan beschuldigen sich gegenseitig der Unterstützung von Milizen im jeweils anderen Land. Die Regierung in Khartum sagt, sie habe Beweise, dass Südsudan Rebellen in den Bundesstaaten Süd-Kordofan und Blue Nile mit Waffen beliefert. Die Regierung in Juba glaubt, dass Sudans Armee Aufständische im ölreichen Staat Unity bewaffnet.
Vor wenigen Tagen wurde berichtet, ein Lager im Südsudan mit Flüchtlingen aus Süd-Kordofan sei vom Norden her bombardiert worden: Nach UN-Angaben wurden am 10. November mehrere Bomben direkt auf ein Flüchtlingslager mit 20.000 Bewohnern im Ort Yida abgeworfen. Khartum verneint das.
Viele Südsudanesen befürchten jetzt einen neuen Krieg. "Die Antonow-Flugzeuge, die Khartum für Luftangriffe benutzt, können weit fliegen. Die können bis nach Juba kommen. Daran erinnern wir uns aus dem Krieg", meint Aching Taban, der auf einem Staubfeld in Juba mit Freunden Fußball spielt. Er fügt hinzu: "Einen neuen Krieg werden wir nicht verkraften. Wir haben schon so viele Probleme, seit wir unabhängig sind, und versuchen, unser Land aufzubauen. "
Proteste im Norden
Taban ist einer von mehreren hunderttausend Südsudanesen, die aus dem Norden in ihre Heimat zurückgekehrt sind, um ihren neuen Staat aufbauen zu helfen. Jetzt fürchten diese Menschen um ihre Zukunftsträume.
Beiden Ländern geht es wirtschaftlich schlecht. Sudan hat drei Viertel seiner Ölquellen verloren, weil die in Südsudan liegen. Damit kann es seine Auslandsschulden von mehr als 35 Milliarden Euro nicht abzahlen. "Jährlich müssen wir eine Milliarde zurückzahlen", sagte Außenminister Ali Karti kürzlich und warnte vor einem wirtschaftlichen Kollaps. In Sudans Hauptstadt Khartum sind die Preise stark gestiegen, es kommt immer wieder zu Demonstrationen, die aber immer schnell und mit viel Gewalt zerschlagen werden. Manche Analysten prophezeien im Sudan die nächste "arabische Revolution".
Trotz der schlechten Lage hat Khartum sich in neue Konflikte im eigenen Land gestürzt. Der Einsatz der Armee gegen Rebellen in Süd-Kordofan und Blue Nile, der zu einer humanitären Katastrophe geführt hat, verschlingt viel Geld. Seit Sudan um ein Drittel kleiner wurde, spielt das Militär die wichtigste Rolle innerhalb der Regierung.
Die zivilen Politiker, selbst die Hardliner in der Regierungspartei NCP (Nationale Kongresspartei), sind an den Rand gedrängt. Die Militärs machen die Zivilisten für den Verlust Südsudans verantwortlich. Sie wollen jetzt nicht auch noch Süd-Kordofan und Blue Nile verlieren und bekämpfen die Aufständischen dort mit allen Mitteln, worunter auch die Zivilbevölkerung leidet.
Die Rebellen dieser beiden Bundesstaaten wiederum haben sich mit den Rebellen von Darfur im Westen Sudans verbündet, wo schon seit 2003 gekämpft wird und mehrere Millionen Menschen vertrieben wurden. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die Bildung dieser Allianz namens "Sudanesische Revolutionäre Front" verurteilt: Die UNO fürchtet, dass Khartum darauf mit einem Angriff auf Südsudan antwortet.
Pessimismus im Süden
Auch im Südsudan ist die wirtschaftliche Lage schlecht. Der neue Staat bekommt viel Hilfe von außen, aber er hat auch viel weniger Einnahmen. Die Ölproduktion ist um ein Viertel gesunken, weil es an Experten fehlt. Bis zur Unabhängigkeit arbeiteten in Südsudans Ölsektor vor allem Nordsudanesen, die jetzt weg sind.
Eine Einigung zwischen beiden Staaten über die zukünftige Organisation des Ölsektors steht noch aus; stattdessen hat Sudans Regierung jetzt scharf protestiert, dass Südsudans Regierung die Anlagen der staatlichen sudanesischen Ölgesellschaft Sudapet im Süden konfisziert hat. Südsudans Geldgeber erwarten auch, dass Präsident Salva Kiir die zunehmende Korruption innerhalb und außerhalb der Behörden anpackt.
"Unsere Politiker leisten leider keine gute Arbeit", meint Student Taban am Rande des Fußballplatzes in Juba. "Das stimmt", sagt einer seiner Mitspieler. "Aber jedenfalls versuchen sie, den Frieden zu bewahren. Dagegen rührt das Regime in Khartum die Kriegstrommeln."
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