Konflikt in der Ukraine: Opposition räumt Rathaus in Kiew
Erneut protestieren Zehntausende auf dem Maidan in Kiew und fordern den Rücktritt von Janukowitsch. Die Opposition wird am Montag in Berlin erwartet.
KIEW taz | Zehntausende Regierungsgegner haben sich am Sonntagmittag erneut auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in der ukrainischen Hauptstadt Kiew versammelt. Die Demonstranten forderten, wie bereits seit Wochen, den Rücktritt von Staatspräsident Wiktor Janukowitsch, eine Änderung der Verfassung sowie baldige Neuwahlen.
Bereits am Samstag war der letzte der verhafteten Demonstranten aus der Haft entlassen worden. Als Reaktion darauf ließ der Rat des Maidan einen Teil des besetzten Territoriums räumen. Jetzt ist die Gruschewski-Straße, in der zuvor noch Kampfhandlungen stattgefunden hatten, wieder passierbar. Auch das Kiewer Rathaus, das am 1. Dezember gestürmt worden war, nachdem Sicherheitskräfte eine Demonstration gewaltsam aufgelöst hatten, verließen die Protestler. Auch aus Regierungsgebäuden in anderen Regionen der Ukraine zogen sich die Demonstranten zurück. Daraufhin zog die Regierung ihre Spezialeinheiten aus dem Stadtzentrum Kiews ab. Janukowitsch hatte den Demonstranten eine Frist bis zu diesem Montag gesetzt, um die öffentlichen Gebäude zu räumen. Dies ist die Bedingung, damit eine vor zwei Wochen beschlossene Amnestie für die während der Proteste festgenommen Demonstranten in Kraft treten kann.
Dennoch sind einige öffentliche Gebäude wie das der Gewerkschaften und das Ukrainische Haus weiterhin in der Hand der Aufständischen. Diese Gebäude sind strategisch so gelegen, dass die Protestler die geräumten Stätten, falls nötig, jederzeit wieder besetzen können.
Die Räumung der besetzten Gebäude bedeute keinesfalls ein Ende des Protests, sagte der Anführer des Rechten Sektors, Dmitrij Jarosch, der taz. Für die Protestler sei die Freilassung der politischen Gefangenen lediglich der erste Schritt zur Erfüllung ihrer Forderungen. Die geräumten Gebäude würden innerhalb einer halben Stunde wieder besetzt, sollte die Regierung sich nicht an die Absprache halten, sagte Jarosch. In diesem Fall sei ein gewaltsamer Konflikt nicht ausgeschlossen.
Weiteres Blutvergießen wünscht sich in der Ukraine jedoch niemand. Opfer habe es auf beiden Seiten schon genug gegeben, teilten die Oppositionsführer des Maidan sowie die Regierung in den ukrainischen Medien mit.
Viele ukrainische Politologen sind der Meinung, dass der Annäherung von Regierung und Protestlern lange inoffizielle Verhandlungen vorausgegangen sind, an denen auch europäische und russische Politiker beteiligt waren. Am Tag der Eröffnung der Olympischen Spiele war Präsident Wiktor Janukowitsch zu Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Sotschi gereist. Das Treffen endete ergebnislos, Details wurden nicht bekannt. Russland weigert sich, weitere Tranchen der zugesagten Finanzhilfen in Milliardenhöhe auszuzahlen, solange die Ukraine nicht die von Moskau formulierten Bedingungen erfüllt. Dazu gehört unter anderen die Ernennung eines neues Regierungschefs.
Arsenij Jazenjuk, Chef der Vaterlandspartei, verkündete bei der Kundgebung am Sonntag, die Opposition wolle Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem für Montag geplanten Treffen in Berlin um finanzielle Unterstützung der EU bitten. "Wir brauchen Hilfe, keine Worte, sondern Taten", sagte er. Neben Jazenjuk soll auch der Oppositionelle Vitali Klitschko an dem Treffen mit Merkel teilnehmen. Aus dem Russischen Ljuba Naminova
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