Konflikt auf dem Sinai eskaliert: Mit der Luftwaffe gegen Dschihadisten
Die Lage im Grenzgebiet zwischen Ägypten und Israel droht zu eskalieren. Militante Dschihadisten fordern das ägyptische Militär heraus. Das schlägt nun zurück.
KAIRO dpa/taz | Ägyptens Militär hat den bewaffneten Extremisten auf der Halbinsel Sinai den Krieg erklärt. Kampfflugzeuge bombardierten am Mittwoch die Verstecke der Militanten und töteten nach Angaben aus Sicherheitskreisen mehr als 30 von ihnen.
Den Luftangriffen waren in der Nacht zuvor neue bewaffnete Attacken der Extremisten auf insgesamt fünf Militär- und Polizeikontrollpunkte nahe der Grenze zu Israel und zum palästinensischen Gazastreifen vorausgegangen. Dabei waren mehrere Sicherheitsbeamte verletzt worden.
Die ägyptische Militäroperation auf dem Sinai dürfte nicht ohne Zustimmung Israels erfolgen. Seit dem ägyptisch-israelischen Friedensvertrag von 1979 ist die Halbinsel entmilitarisiertes Gebiet.
Für Ägypten handelt es um den schwerwiegendsten bewaffneten Konflikt seit dem Sturz des langjährigen Präsidenten Husni Mubarak im Februar 2011. Im Inneren und im Norden des Sinai herrscht ein Sicherheitsvakuum, das sich seit dem Mubarak-Sturz noch verstärkte. Nach den Angriffen zog die ägyptische Führung auch personelle Konsequenzen im Sicherheitsapparat. Präsident Mohammed Mursi entließ den Geheimdienstchef Murad Mufawi und den Gouverneur der Provinz Nord-Sinai, Abdel Wahab Mabruk.
Vorbild al-Qaida
Über Herkunft und Zugehörigkeit der sogenannten Dschihadisten wird in Ägypten spekuliert. Das Militär machte dazu bislang nur Andeutungen. Demnach soll ein Teil von ihnen durch Schmugglertunnels aus dem Gazastreifen gekommen sein. Ägyptische Experten sehen aber vor allem neue einheimische, radikal-islamistische Strömungen am Werk.
In dem gesetzlosen Umfeld hätten sich demnach Gruppen von Dschihadisten etabliert, die sich an der extremistischen Ideologie und an den terroristischen Methoden der al-Qaida orientieren. Der Zugang zu Waffen sei wiederum durch den Umsturz im Nachbarland Libyen erleichtert worden. Die zahlreichen Milizen, die während des Aufstands gegen das Gaddafi-Regime entstanden waren, hätten einen Teil ihres Kriegsgeräts an überregional operierende Waffenhändler verkauft.
Der Sinai ist zugleich ein beliebtes Urlaubsziel für Ausländer, so auch für Deutsche. Die Hotel- und Strandressorts liegen im Süden der Halbinsel. Sie seien durch den bewaffneten Konflikt in keiner Weise betroffen, sagte der ägyptische Fremdenverkehrsminister Hischam Sasu am Mittwoch dem Portal "alahramonline". Die Urlauber könnten sich dort unverändert in Sicherheit fühlen, fügte er hinzu.
Am Sonntag hatten Bewaffnete bei einem Überfall auf einen ägyptischen Grenzposten 16 Soldaten getötet. Danach waren einige von ihnen mit einem erbeuteten Panzerfahrzeug nach Israel eingedrungen, wo sie durch einen israelischen Luftangriff getötet wurden.
Die Luftangriffe am Mittwoch seien in der Ortschaft Scheich Suwaid in der Nähe der Provinzhauptstadt al-Arisch, geflogen worden, berichtete das Internetportal „alahramonline“. Starke Bodentruppen verfolgten zudem die Angreifer in einer gebirgigen Region südlich der Stadt. Nach Medienberichten zerstörte das Militär auch drei gepanzerte Fahrzeuge der Extremisten.
Angesichts der Gewalt auf dem Sinai rief Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) Israel und Ägypten zu Zurückhaltung auf. Westerwelle äußerte in Berlin „große Sorge“ über die jüngsten Angriffe. Dort bestehe ein „erhebliches Eskalationsrisiko“. Der Minister appellierte nach Angaben eines Sprechers deshalb an alle Seiten, entschieden gegen Terror vorzugehen, aber auch umsichtig zu bleiben.
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