piwik no script img

Kompromissvorschlag zu § 219aEin kleines bisschen Information

Das Kabinett billigt den Entwurf zur Reform von § 219a. Kritik kommt aus der Opposition, aber auch vom Berufsverband der Frauenärzte.

Eine Frau demonstriert am 26. Januar in Frankfurt für die Abschaffung des Paragrafen 219a Foto: Michael Schick

Berlin taz | Das Kabinett hat am Mittwoch den Kompromissvorschlag zur Reform des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch gebilligt. „Es hat sich keine Stimme dagegen erhoben“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.

Demnach ist es Ärzt*innen und Kliniken künftig erlaubt, öffentlich darüber zu informieren, dass sie Abtreibungen durchführen. Für weiter­gehende Information, etwa über die angewandten Methoden, müssten die Mediziner*innen aber auf Listen auf den Webseiten neutraler Stellen verweisen. Erstellt werden soll diese von der ­Bundesärztekammer. Außerdem soll die Pille Frauen künftig bis zum 22. Geburtstag kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) nannte die Einigung einen „klassischen Kompromiss“. Er greife aber die „zentralen Forderungen“ der Koali­tionspartner auf: „Keine Schwächung des Schutzkonzepts für das ungeborene Kind und ein vereinfachter Zugang zu Informationen.“ Aus der Opposition kam scharfe Kritik. Ulle Schauws (Grüne) nannte es „absurd“, Ärzt*innen „das Wort Schwangerschaftsabbruch zu erlauben, aber jede weitere Silbe unter Strafe zu stellen“.

Linken-Fraktionsvize Cornelia Möhring erklärte, der Vorschlag sei „letztlich eine Verschlechterung. Die „Entmündigung von Frauen“ gehe weiter. Alle drei forderten die Freigabe der Abstimmung im Bundestag. Stephan Thomae, FDP-Fraktionsvize, sagte, sachliche Information wie die auf der Webseite der verurteilten Ärztin Kristina Hänel sei auch weiterhin nicht möglich. „Das kann doch nicht die Lösung sein, die die SPD ihrer Basis verkauft.“

Aufstand nicht zu erwarten

Während die Union den Paragrafen am liebsten nicht angetastet hätte, wollte die SPD ihn eigentlich abschaffen. Bei dieser Forderung bleibe sie, hatte Maria Noichl, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), den Entwurf vorab kommentiert. Die Parteilinke Hilde Mattheis kündigte in der Passauer Neuen Presse ihr Nein bei einer Abstimmung an.

Es ist nicht nachzuvollziehen, aus welchem Grund Ärzte und Krankenhäuser nicht sachlich über die unterschiedlichen medizinischen Methoden zur Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs informieren dürfen

Berufsverband der Frauenärzte

Dass die SPD sich nach monatelangem Ringen mit dem Koalitionspartner nun querstellt, ist aber kaum zu erwarten. Sie bedaure zwar, dass Ärzte nicht selbst umfänglich informieren dürften, erklärte die SPD-Abgeordnete Wiebke Esdar. Sie halte das aber bei einem so schwierigen Kompromiss für vertretbar. „Das, was möglich war, haben die SPD-Ministerinnen erkämpft, das verdient Anerkennung.“ Zu klären bleibe, wie niedrigschwellig die Informationen künftig tatsächlich erreichbar seien.

Die Bundesärztekammer hatte den Entwurf vorab begrüßt. „Das ist ein tragfähiger Kompromiss, der allen hilft“, hatte Präsident Ulrich Montgomery erklärt. Der Berufsverband der Frauenärzte begrüßte die Lockerung zwar grundsätzlich. Es sei aber „nicht nachzuvollziehen, aus welchem Grund Ärzte und Krankenhäuser nicht sachlich über die unterschiedlichen medizinischen Methoden zur Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs informieren dürfen“. Auch die von Strafverfahren betroffenen Ärztinnen übten Kritik.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Mit einer anständigen (Schul-) Bildung hätten wir es wissen können!



    Platon (27.5.384 - 322 b. Chr.)



    Der Staat oder über die Gerechtigkeit



    - fünftes Buch



    Über die Gleichberechtigung der Frauen



    Wenn wir also die Frauen ebenso verwenden wollen wie die Männer,



    so müssen wir ihnen dieselbe Erziehung geben.



    Die Verschiedenheit der Geschlechter besteht darin, daß Weib gebiert,



    der Mann befruchtet, so ist unserer Meinung nach damit eine Verschiedenheit



    hinsichtlich der beruflichen Tätigkeiten noch lange nicht dargetan.



    Wir werden dabei bleiben, daß unseren Wächtern und ihren Frauen die gleichen



    Aufgaben zufallen. Mit Recht." Seit 2300 Jahren ist uns dies bekannt!

    Lest Platons Höhlengleichnis:



    "Unsere Untersuchung bekundet aber, daß das Vermögen sowohl wie auch ein Werkzeug zur geistigen Aufnahme in jedes Menschen Seele sich befindet!"

    Das hier oben beschriebene ist unserer Kultur unwürdig:



    "Kompromissvorschlag zu § 219a



    Ein kleines bisschen Information



    Das Kabinett billigt den Entwurf zur Reform von § 219a. Kritik kommt aus der Opposition, aber auch vom Berufsverband der Frauenärzte."! Ein verzweifelter Versuch, die Beherrschung der Frauen durch ungleiche Rechte zu betonieren? Frauen lasst Euch dieses dreiste Mittelalter nicht gefallen!